Die Aktien der deutschen Lufthansa sind am Mittwoch nach einem Bericht über einen möglichen Kauf von Vermögenswerten des Konkurrenten Air Berlin um mehr als ein Prozent gefallen. Dem "Handelsblatt" zufolge drehten sich die Gespräche mit Air-Berlin-Großaktionär Etihad um die Übernahme der dezentralen Verkehre von Air Berlin - also jene Strecken, die nicht über Düsseldorf und Berlin führten. Hingegen kletterte die Air-Berlin-Aktie am Mittwochvormittag um bis zu 21 Prozent nach oben.
Das Blatt berief sich auf mit den Verhandlungen vertraute Kreise. Experten und Bankanalysten sind geteilter Meinung über die Folgen eines solchen Schrittes.
Insidern zufolge ist Etihad guter Dinge, Teile der kriselnden Air Berlin an die Lufthansa losschlagen zu können. Laut der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX halte man bei Etihad eine Einigung für sehr wahrscheinlich. Eine offizielle Stellungnahme seitens Etihad gibt es aber nicht. Auch die Lufthansa äußerte sich nicht zum Thema.
Chance und Risiko
Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank schrieb in einer ersten Einschätzung, dass die Lufthansa-Tochter Eurowings ihre Marktstellung verbessern könnte. Im Gegenzug hätte Air Berlin die Möglichkeit, sich neu auszurichten. Vor diesem Hintergrund sollte die Verhandlungsposition der Lufthansa vergleichsweise gut sein.
Die Analysten des britischen Investmenthauses Liberum sehen unterdessen das Risiko, dass sich Eurowings die "nicht wettbewerbsfähigen Kosten" von Air Berlin aufhalsen könnte - statt die eigenen niedrigen Kosten auf ein größeres Netzwerk zu übertragen.
Dass die Lufthansa Teile von Air Berlin übernehmen könnte, sei unwahrscheinlich, schrieb hingegen Commerzbank-Analyst Johannes Braun am Mittwoch. Er verwies auf mögliche regulatorische Widerstände. Zudem wolle Lufthansa durch Übernahmen nicht die Kosten- und Ergebnissituation der Tochter Eurowings verwässern.
Air Berlin und Niki
Eine Übernahme einer Flotte von etwa 40 Flugzeugen entspräche etwas weniger als einem Drittel des Air Berlin-Flugbetriebes. Diese fliegen derzeit vor allem Strecken zu Urlaubszielen rund um das Mittelmeer, wo Air Berlin (auch mit der österreichischen Gesellschaft Niki) vor allem auf dem Flughafen Palma de Mallorca trotz starker Kürzungen weiterhin zahlreiche Flüge anbietet.
Das Touristikgeschäft ans Mittelmeer passe weniger zum Etihad-Modell, so die "Süddeutsche Zeitung". Allerdings laufen einige Teile der Ferienflüge bei Air Berlin noch am besten, die großen Verluste fliegt das Unternehmen Insidern zufolge auf den Geschäftsreisestrecken innerhalb Europas ein.
Ob es tatsächlich zu der (Teil-)Übernahme kommt, hält auch die "Süddeutsche" für alles andere als sicher: Die Lufthansa hätte zusammen mit dem Air Berlin-Teil an einigen deutschen Flughäfen wie Stuttgart, Hamburg oder Nürnberg einen sehr hohen Marktanteil. Das deutsche Bundeskartellamt würde dies mit Sicherheit genau prüfen.