"Das Finanzministerium hatte für die Konzessionsvergabe vorab Unterkriterien und deren Gewichtung festgelegt, dies aber im Rahmen der Interessentensuche nicht bekanntgegeben. Damit wurde, wie bereits das Bundesverwaltungsgericht zutreffend erkannte, gegen das Transparenzgebot verstoßen", schreibt der VwGH. Und weiter: "Da sich der wesentliche Verfahrensmangel - die Nichtveröffentlichung der für die Vergabe entscheidenden Subkriterien und deren Gewichtung - bereits vor Antragstellung ereignete, darf der Finanzminister auch nicht neuerlich über die bereits vorliegenden Anträge entscheiden." Um Spielbankenkonzessionen zu erteilen, müsse der Finanzminister daher "ein neues Verfahren samt einer dem Transparenzgebot entsprechenden Interessentensuche durchführen".
Nach der Niederlage vorm Verwaltungsgerichtshof überlegt sich das Finanzministerium, ob es nicht auf zusätzliche Casinokonzessionen für Wien und Niederösterreich verzichtet. "Ob die Lizenzen neu ausgeschrieben werden, ist derzeit noch offen. Das BMF kann neu ausschreiben, muss aber nicht, da im Gesetz eine sogenannte 'Kann'-Bestimmung festgeschrieben ist", hieß es am Freitag aus dem BMF.
Das VwGH-Urteil sei "so wie jedes höchstgerichtliche Urteil zu akzeptieren. Wir werden das Erkenntnis nun im Detail und in Ruhe analysieren", so eine Sprecherin des Ministeriums von Hans Jörg Schelling (ÖVP).
Auch der niederösterreichische Novomatic-Konzern, der nun die zugesagten Casinos im Wiener Prater und in Bruck an der Leitha doch nicht errichten darf, gibt sich gelassen. "Wir nehmen diese Entscheidung zur Kenntnis und warten ab, ob und wann es zu einer Neuausschreibung kommen wird", so Sprecher Hannes Reichmann zur APA.
Wandel im Glücksspielmarkt
Agentur Archive - document view Seit der Erteilung der zusätzlichen Spielbankkonzessionen für Wien und Niederösterreich im Jahr 2014 ist am Glücksspielmarkt kein Stein auf dem anderen geblieben. Die einstigen Erzrivalen, die teilstaatlichen Casinos Austria und der Automatenriese Novomatic, werden wahrscheinlich bald zusammengehören, hat sich doch Novomatic bei den Casinos eingekauft. Zusammen mit einem tschechischen Konsortium will der von Milliardär Johann Graf gegründete Konzern die Mehrheit der Casinos übernehmen. Spruchreich dürfte das ganze wegen der zahlreichen behördlichen Genehmigungen, die nötig sind, aber erst 2017 werden.
Mit der Casinos-Teilübernahme würde Novomatic erstmals auch in der Heimat an Vollcasinos kommen. Denn die 12 Spielbanken sind seit jeher in Händen der Casinos Austria. Bis vor wenigen Jahren hat das Finanzministerium die Lizenzen freihändig an den teilstaatlichen Konzern, zu dem auch die Lotterien gehören, vergeben. Nach einem Rüffel des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mussten die Lizenzen dann EU-weit ausgeschrieben werden, was auch geschehen ist. Zum Zug gekommen sind aber - sowohl für das sogennante Stadtpaket mit sechs Konzessionen in Städten als auch für das Landpaket mit sechs weiteren Berechtigungen - wieder die Casinos Austria.
Um die Optik zu wahren und andere große Player (und Steuerzahler) nicht ganz leer ausgehen zu lassen, hat der Gesetzgeber drei zusätzliche Spielbankkonzessionen für Wien und Niederösterreich geschaffen. Da sind die Casinos Austria dann nicht zum Zug gekommen; sie hatten sich für alle drei Standorte beworben und Beschwerde eingelegt. Bei der Vergabe sei unsagbar geschlampt worden, so die Argumentation der Casinos-Anwälte damals. Jetzt, zwei Jahre später, haben sie in zwei von drei Fällen recht bekommen. Das Höchstgericht sah das Transparenzgebot verletzt, weil etwa die diversen Subkriterien nicht offengelegt wurden. Die Nichtveröffentlichung der Subkriterien und deren Gewichtung ist nach Ansicht des VwGH ein "wesentlicher Mangel", wie es in dem 43-seitigen Entscheid heißt.
"Recht hat Recht gesprochen"
Dass das Finanzministerium die Lizenzen jetzt neu ausschreiben muss, ist laut Casinos-Austria-Generaldirektor Karl Stoss aber nur eine von mehreren Möglichkeiten. "Es könnte auch sein, dass man sagt, eigentlich brauchen wir keine drei weiteren Konzessionen", so Stoss am Freitag bei der Halbjahrespressekonferenz der teilstaatlichen Glücksspielgruppe. In diesem Fall müsste das Glücksspielgesetz (GSpG), in dem die drei Zusatzlizenzen festgeschrieben sind, geändert werden.
Grundsätzlich freute sich Stoss über das Urteil. "Recht hat Recht gesprochen", sagte er. Den Entscheid des VwGH "akzeptieren wir sehr gerne". Die Casinos waren bei der Vergabe der drei zusätzlichen Spielbankkonzessionen für Wien und Niederösterreich leer ausgegangen und haben dagegen Einspruch erhoben. Die Casinos Austria haben seit jeher die bisher geltenden 12 Spielbanklizenzen in Österreich - sechs in Städten und sechs in ländlichen Gebieten - inne.
Entscheidung zu Palais Schwarzenberg offen
Endgültig gekippt sind mit dem heute bekanntgewordenen Urteil zunächst die Zuschläge an den Glücksspielkonzern Novomatic für die Standorte "Niederösterreich 2" (Bruck/Leitha) und "Wien Nord-Ost" (Prater). Noch offen ist die Vergabe des dritten Standortes "Wien Süd-West" (Palais Schwarzenberg), der an ein Konsortium um die Schweizer Stadtcasino Baden AG und den deutschen Automatenkonzern Gauselmann gegangen ist. Dazu dürfte es im Herbst ein Erkenntnis des VwGH geben.