Die Parlamente der europäischen Staaten sollen nach dem Willen der EU-Kommission von der Entscheidung über das ausgehandelte Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) ausgeschlossen werden. Das teilte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker beim EU-Gipfel mit.
Gerüchte über diese Vorgangsweise gab es schon in den vergangenen Wochen. In der Kommission besteht seit Längerem die Sorge, dass Parlamente einzelner Staaten die Weiterentwicklung der EU-Handelspolitik mit der Verweigerung ihrer Zustimmung lahmlegen könnten.
Bisher forderten die Mitgliedsländer aber die Einstufung als „gemischtes Abkommen“, womit auch die nationalen Parlamente ihre Zustimmung erteilen müssten. Vor allem in Deutschland und Österreich wird eine Einbeziehung von Bundestag bzw. Nationalrat aber wegen der kritischen Öffentlichkeit für unverzichtbar gehalten.
Kern für Befassung des Nationalrats
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich nach Angaben von Diplomaten beim EU-Gipfel in Brüssel daher auch für eine Ratifizierung des EU-Kanada-Handelsabkommens durch die nationalen Parlamente ausgesprochen. Kern warnte den Angaben zufolge vor einem intransparenten Durchpeitschen des Handelspaktes. Kern verwies darauf, dass sich das österreichische Parlament selbst dafür entschieden haben, sich mit CETA befassen zu wollen.
Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande und Luxemburgs Premier Xavier Bettel hätten verlangt, dass CETA als gemischtes Abkommen, mit Kompetenz der EU und der Parlamente der EU-Staaten behandelt werde, hieß es in diplomatischen Kreisen.
Mitterlehner kritisiert EU-Kommission
Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat den Plan der EU-Kommission kritisiert, das EU-Kanada-Handelsabkommen ohne Einbindung der nationalen Parlamente ratifizieren zu lassen. "Ohne Einbindung der nationalen Parlamente wird es keine Zustimmung der österreichischen Bundesregierung geben", sagte Mitterlehner am Dienstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
"Das ist das falsche Signal. Österreich spricht sich klar dagegen aus, dass CETA zur ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Union erklärt wird", betonte Mitterlehner. "Wir sind weiterhin der Meinung, dass es sich eindeutig um ein gemischtes Abkommen handelt, das nicht nur vom Europäischen Parlament, sondern auch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss."