Für Finanzinvestor George Soros dürften nach der Brexit-Entscheidung die Finanzmärkte so lange starken Schwankungen unterworfen sein, wie der lange und komplizierte Prozess des politischen und wirtschaftlichen Austritts Großbritanniens aus der EU verhandelt wird. Die Folgen für die Realwirtschaft würden vermutlich mit denen der Finanzkrise 2007 bis 2008 vergleichbar sein, schrieb der Milliardär in einem Kommentar auf seiner Internetseite am Wochenende. Soros forderte zugleich einen massiven Umbau der EU. Der Finanzinvestor hatte 1992 mit Spekulationen auf das britische Pfund riesige Gewinne eingefahren.
Die großen Notenbanken stellen sich nach der Entscheidung der Briten für einen EU-Ausstieg jedenfalls auf anhaltende Turbulenzen an den Finanzmärkten ein. Großbritannien sei eng in die Weltwirtschaft integriert und beherberge auch einige der weltweit wichtigsten Finanzzentren, sagte der Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Jaime Caruana.
"Es wird wahrscheinlich eine Zeit der Unsicherheit und Anpassung geben", so Caruana am Sonntag auf der Jahresversammlung in Basel. Er sei aber zuversichtlich, dass sich die Unsicherheit durch Zusammenarbeit auf globaler Ebene eingrenzen lasse und Anpassungen so reibungslos wie möglich erfolgten.
Das Votum für einen Brexit hatte weltweit heftige Erschütterungen an den Börsen ausgelöst. Das Pfund Sterling war am Freitag zeitweise auf das tiefste Kursniveau seit 1985 gestürzt.
Laut BIZ stehen die großen Zentralbanken bereit, stabilisierend auf die Finanzmärkte einzuwirken. Bei ihrem Treffen in der Schweiz befürworteten sie die Notfallmaßnahmen der Bank von England (BoE) und äußerten zugleich den Willen zur Unterstützung. Es sei eine enge Zusammenarbeit der Notenbanken vereinbart worden, hieß es in einer Erklärung der BIZ. Die in Basel ansässige Dachorganisation der Notenbanken wurde 1930 gegründet. Sie operiert als eine Art Zentralbank der Notenbanken in aller Welt.
Nach dem Brexit-Votum hatte die BoE zusätzliche Mittel zur Geldversorgung der Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt. 250 Milliarden Pfund können abgerufen werden. Die Schweizer Nationalbank (SNB) intervenierte am Devisenmarkt, um einen Höhenflug des Franken zu stoppen. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht nach eigenen Angaben bereit, Geldhäusern im Währungsraum im Notfall mit ausreichend Liquidität zu versorgen - in Euro und in anderen Währungen. Auch die US-Notenbank will Engpässen entgegentreten.
Nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Chef John Cryan wird es an den Märkten noch für längere Zeit turbulent zugehen. "Wir erwarten eine höhere Volatilität an den Finanzmärkten in den nächsten Wochen," sagte Cryan dem "Handelsblatt" laut Vorabbericht.