Für eine Förderung von Elektroautos über das Pendlerpauschale sich am Freitag Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber stark gemacht. Im Firmenbereich habe die Steuerreform hier einiges bewirkt, jetzt sollten Anreize für Privatkunden geschaffen werden. Zum Beispiel könnte das Pendlerpauschale für E-Auto-Besitzer die volle Höhe ausmachen, für andere weniger, so Anzengruber.

Derzeit erfahre die E-Mobilität eine "sehr starke Beschleunigung", konstatierte der Verbund-Chef, dessen Stromkonzern mit Partnern die Elektroauto-Plattform Smatrics auf die Beine gestellt hat. Derzeit verfüge Smatrics über 400 Ladepunkte in Österreich, davon 200 zum Schnellladen. Nun scheine auch die Stadt Wien etwas zum Ausbau des Stromtankstellen-Netzes zu tun, nachdem sie hier lange verhalten gewesen sei. Für die Zukunft hält Anzengruber in dem Sektor am jeweiligen Strompreis orientiere Lade-Lösungen für möglich.

Gegen eine weitere ungehemmte Ökostromförderung spricht sich Anzengruber aus: "13 Jahre sind genug." Die geförderten Erneuerbaren Energien müssten nun in den Markt gebracht werden, etwa mit Hilfe von Ausschreibungen für Neuanlagen, forderte Anzengruber am Freitag mit Blick auf die für Herbst geplante Ökostromnovelle.

"Wir müssen ein faires Spielfeld schaffen bei den Erneuerbaren Energien", sagte der Chef des führenden heimischen Stromkonzerns im Klub der Wirtschaftspublizisten. Es sollte in Richtung Investitionsförderung gehen, etwa in Form einer vorzeitigen Abschreibung, aber auch das nur begrenzt, "sonst hängt ein System dauerhaft an der Förderung". Förderungen würden Innovationen verhindern, da wäre es besser, F&E zu unterstützen. Durch den Ausbau speziell der Windkraft seien die Stromgroßhandelspreise gesunken, doch müsse der Kunde die hohe Differenz zwischen Preisen und Erzeugungskosten tragen.

Die gemeinsame Strompreiszone von Deutschland und Österreich sollte beibehalten werden, plädierte Anzengruber einmal mehr - denn sonst müssten die heimischen Stromkunden je nach Szenario 300 bis 400 Mio. Euro im Jahr für die Elektrizität zahlen. "Wir versuchen alles, diese Preiszone beizubehalten und nicht wieder nationale Märkte zu schaffen."

Mellach: "Ohne falsche Hektik"

Bleibe der Strompreis so wie er aktuell ist, brauche der Verbund keine weitere Impairments, sagte Anzengruber. Mellach in der Steiermark etwa ist schon bis auf einen Buchwert von 34 Millionen Euro abgeschrieben - jedoch gebe es generell bei der Änderung von Strompreiserwartungen auch immer wieder Zuschreibungen. Während die Strompreis-Forwards von Ende Dezember bis Ende Jänner für 2017/18/19 um 30 Prozent nachgegeben hätten, sein sie allein in den letzten vier Wochen um 40 Prozent gestiegen. Noch heuer soll es zu Mellach "ohne falsche Hektik" eine Entscheidung zu den von Verkauf bis Zusperren reichenden Optionen geben. In Mellach hat der Verbund zwei Anlagen: ein Kohlekraftwerk, das der Energie Steiermark bis zum Jahr 2020 Wärme für Graz liefert und ein Gaskraftwerk, das derzeit für das Engpassmanagement eingesetzt wird.

Investieren könne der Verbund derzeit wegen der niedrigen Strompreisnotierungen nur in Effizienzsteigerungen bei bestehenden Anlagen - und auch in den Bereich energienahe Dienstleistungen. In diesem Sektor erziele man zwar erst einen zweistelligen Millionen-Umsatz, er wachse aber stark. Flexible Stromtarif-Modelle für Kunden setzten voraus, dass man deren Verbrauchsdaten kenne. In der Industrie funktioniere das, "da wissen wir sekundengenau, was läuft". Bei den Haushalten, wo das Rollout neuer Stromzähler eher zögerlich sei, behelfe man sich vorerst mit "Small Scale Smart Meters". Produktionsseitig soll die Ökostromnovelle ja die gemeinsame Nutzung von Erzeugungsanlagen (primär PV) in Mehrfamilienhäusern erlauben, was den Eigenverbrauch im urbanen Bereich erleichtern soll - was von Anzengruber begrüßt wird.

Zu der für die Eigenstromerzeugung maßgeblichen Wasserführung im Verbund-Konzern hielt sich Anzengruber bedeckt. Dazu dürfe er momentan keine Zahl nennen - die folgt Ende Juli mit dem Halbjahresbericht. Im ersten Quartal lag die Wasserführung mit 1,00 exakt im langjährigen Mittel, im zweiten Quartal wird sie wegen der Regengüsse wohl besser sein. Die Verbund-Stromerzeugung sei schon zu 97 Prozent CO2-frei, ohne Mellach wären es 100 Prozent, so der Generaldirektor. Die Strombranche insgesamt sei in Österreich erst zu circa 80 bis 85 Prozent CO2-frei, gehe man von 75 Prozent Wasserkraftproduktion und 10 Prozent aus Wind, Sonne und Biomasse aus.