Erst in der Vorwoche hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) über "vermehrte Anzeichen für eine Abschwächung der Konjunktur" berichtet. Der jüngste Wifo-Konjunkturtest habe eine Verschlechterung der Unternehmenseinschätzungen gezeigt.
Daher überrascht es nicht, dass auch die Wachstumsprognose gesenkt wird. Österreichs Wirtschaft wächst heuer und nächstes Jahr wegen der gedämpften internationalen Konjunktur etwas schwächer als zuletzt angenommen. Das Wifo hat seine BIP-Prognose für 2016 und 2017 um je 0,1 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent gesenkt, das IHS im gleichen Ausmaß auf 1,5 Prozent.
Flüchtlinge als "Konjunkturpaket"
Zum Wachstum tragen die höheren Ausgaben zur Betreuung und Versorgung von Flüchtlingen bei sowie die heuer in Kraft getretene Steuerreform, die die Einkommen der privaten Haushalte entlastet und die Konsumausgaben etwas erhöht. 2017 liefern Steuerreform und das Asyl-Thema aber keine zusätzlichen Impulse mehr, erklärte das Wifo am Donnerstag bei der Vorlage der neuen Konjunkturprognosen.
Durch die Steuerreform wird mit einer deutlichen Belebung des privaten Konsums gerechnet, der nach zwei Jahren Stagnation auch 2015 kaum zugelegt hat. Heuer sei hier durch mehr verfügbare Einkommen ein Wachstum um 1,4 Prozent zu erwarten, so das IHS; beim Wifo rechnet man sogar mit 1,8 Prozent Plus. 2017 dürfte sich der Anstieg auf 1,2 (IHS) bzw. 1,4 (Wifo) Prozent verringern.
Die Zahl der Beschäftigten werde im Prognosezeitraum deutlich steigen - aber auch die Erwerbsbevölkerung, so das Wifo, etwa durch Flüchtlingsmigration, spätere Pensionsantritte und mehr Frauenbeschäftigung sowie höheres Arbeitskräfteangebot. "Die Zahl der Arbeitslosen nimmt daher weiter zu", heißt es: 2016 dürfte die Arbeitslosenquote auf 9,5 und 2017 auf 9,8 Prozent steigen. Beim IHS sieht man einen Anstieg auf 9,4 sowie 9,8 Prozent - voriges Jahr lag die Quote erst bei 9,1 Prozent.
Export geschwächt
Die Schwäche der Weltwirtschaft dämpft vorübergehend das Exportwachstum Österreichs. Jedoch dürfte das außenwirtschaftliche Umfeld im Jahresverlauf wieder an Dynamik gewinnen, so das Wifo. Auch das IHS geht davon aus, dass die davon herrührende Konjunkturabschwächung nur temporär ist.
Den Brent-Ölpreis - voriges Jahr noch bei fast 53 Dollar pro Fass - sieht das Wifo 2016 und 2017 im Schnitt bei 35 und 42 Dollar, das Institut für Höhere Studien (IHS) bei 40 und 43 Dollar.
International verlangsamtes Wachstum
International manifestieren sich in den Schwellenländern "weiterhin gröbere wirtschaftliche Probleme", und in den entwickelten Volkswirtschaften habe sich das Konjunkturtempo verlangsamt, erklärte das Institut für Höhere Studien (IHS) am Donnerstag. Brasilien und Russland steckten in einer tiefen Rezession, und China habe sein Wachstumstempo auf knapp 7 Prozent verlangsamt. Auch die USA und Japan hätten gegen Ende 2015 eine geringere Wachstumsdynamik gezeigt. Die Ausweitung des Welthandels sei gegen Jahresende fast zum Erliegen gekommen, primär durch die Schwellenländer.
"Es mehren sich Anzeichen, die auf eine weitere Verlangsamung der Weltkonjunktur hindeuten", lautet die Conclusio für das IHS. Im Euroraum habe sich die moderate Entwicklung fortgesetzt. Die schwache Dynamik der Weltwirtschaft drücke auf das Unternehmervertrauen in Europa. Das Institut geht aber davon aus, dass sich die Konjunktur der entwickelten Volkswirtschaften im Jahresverlauf wieder belebt.
Den Euroraum sieht das Wifo - nach 1,6 Prozent im Vorjahr - heuer und 2017 um 1,4 und 1,6 Prozent wachsen, das IHS um 1,5 und 1,6 Prozent. Für die EU-28 gehen die beiden Institute von 1,6 und 1,8 Prozent (Wifo) bzw. 1,7 und 1,8 Prozent (IHS) aus. Für China sieht man heuer noch 6,2 bzw. 6,4 Prozent BIP-Plus, für 2017 aber nur noch 5,8 bzw. 6,2 Prozent. Die USA sollten sich bis 2017 bei 2,3 bis 2,4 Prozent einpendeln. Das weltweite BIP soll 2017 laut Wifo mit 3,4 Prozent stärker zulegen als heuer (3,1 Prozent wie 2015). Auch den Welthandel sehen beide Institute 2017 kräftiger, das Wifo bei real +2,5 Prozent (nach +2,0 Prozent heuer) und das IHS bei +3,5 Prozent (nach +3,0 Prozent heuer).