Die Europäische Zentralbank (EZB) verschärft ihren Kurs gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche im Euroraum massiv. Sie senkte den Leitzins auf das Rekordtief von 0 Prozent, wie der EZB-Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag in Frankfurt beschloss. Zudem pumpt die Notenbank statt 60 Mrd. Euro ab April 80 Mrd. Euro monatlich in den Markt, wie die EZB mitteilte.
Banken müssen noch höhere Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld über Nacht bei der Notenbank parken.
Kurz nach der Bekanntgabe der Leitzinssenkung gibt es bereits heftige Kritik von Ökonomen und Vertretern der Finanzbranche. Ein Experte vom deutschen Bankverband glaubt nicht, dass die EZB-Maßnahmen zur gewünschten Wirkung führen. Andere sagen, die EZB hat sich mit dieser Entscheidung noch tiefer in die Sackgasse manövriert.
Erst im Dezember hatte die Notenbank den Kauf von Wertpapieren um ein halbes Jahr bis mindestens Ende März 2017 verlängert. Mit dem seit März 2015 laufenden Kaufprogramm wollen die Währungshüter Konjunktur und Preisauftrieb anschieben. Denn das frische Geld kommt im Idealfall über Banken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an.
Statt 0,3 Prozent müssen Geschäftsbanken künftig 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Mit dem negativen Einlagenzins wollen die Währungshüter die Kreditvergabe im Euroraum ankurbeln. Denn bisher kommt das viele billige Zentralbankgeld nicht im gewünschten Maß in der Wirtschaft an. Die Konjunktur im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller.
Müssen Banken mehr für das Bunkern von Liquidität zahlen - so die Theorie - bringt sie das eher dazu, das Geld als Kredit an Verbraucher und Unternehmen weiterzureichen. Die EZB hatte den Zinssatz für Übernachteinlagen erst im Dezember von 0,2 Prozent auf 0,3 Prozent verschärft.
Neue Kreditlinien für Banken
Die EZB zieht auch neue Geldspritzen für die Geschäftsbanken auf. Ab Juni sollen vier spezielle Kreditlinien - im Fachjargon TLTRO II genannt - für die Finanzinstitute mit einer Laufzeit von vier Jahren aufgelegt werden, wie die EZB am Donnerstag mitteilte. Die Kosten orientierten sich am Einlagenzins, den die EZB auf nun minus 0,4 Prozent gesenkt hat.
Bereits seit 2014 bieten die Währungshüter gezielte Geldspritzen an. Sie sollen Geschäftsbanken dazu bewegen, mehr Kredite an Firmen zu vergeben. Die Zentralbank hatte den Banken auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise um die Jahreswende 2011/12 zudem in zwei Tranchen insgesamt rund eine Billion Euro für drei Jahre zum Leitzins zur Verfügung gestellt.
Börsen nur kurz im Hoch
Die Aktienmärkte nahmen die EZB-Ankündigungen begeistert auf und bauten ihre Kursgewinne deutlich aus - so lag der Euro-Stoxx-50 zwischenzeitlich über 3,7 Prozent im Plus. Mit der Euphorie war es jedoch schnell wieder vorbei. Nach den Draghi-Aussagen drehten die europäischen Börsen mit dem aufwerteten Euro schließlich deutlich ins Minus.
Obwohl die EZB ihre Geldpolitik stärker gelockert hat als erwartet, haben die europäischen Leitbörsen am Donnerstag klar im Minus geschlossen. Der Euro-Stoxx-50 ging nach der Zinsentscheidung um 45,40 Einheiten oder 1,51 Prozent tiefer bei 2.970,78 Zählern aus dem Handel.
Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik stärker gelockert hat als erwartet, haben die europäischen Leitbörsen am Donnerstag klar im Minus geschlossen. Der Euro-Stoxx-50 ging nach der Zinsentscheidung um 45,40 Einheiten oder 1,51 Prozent tiefer bei 2.970,78 Zählern aus dem Handel.