Bei der umstrittenen Übertragung von Bank Austria-Beschäftigten ins ASVG-Pensionssystem ist nun eine Gruppe Betroffener aktiv geworden. Deren Anwalt Roland Gerlach hat heute, Montag, in einem Schreiben das Wirtschaftsministerium aufgefordert, ein EU-Beihilfeverfahren einzuleiten, da es sich bei dem geplanten Deal um eine laut EU-Recht unzulässige Beihilfe für die Bank handle.
In dem der APA vorliegenden Schreiben erklärt Gerlach den Schritt damit, dass die Bank Austria offenbar an ihren Übertragungsplänen festhalte. "Unseres Erachtens ist in diesem Fall eine Übertragung (gem § 311 ASVG) ohne vorherige Genehmigung der Kommission rechtswidrig und daher unzulässig", so der Anwalt. Sollte das Wirtschaftsministerium nicht tätig werden, werde er selbst die Kommission über den wesentlichen Sachverhalt informieren und um Einleitung der dafür vorgesehen Verfahren ersuchen, so der Anwalt.
"Europarechtswidrige Beihilfe"
In dem Schreiben an das Wirtschaftsministerium heißt es: "Wir vertreten den Rechtsstandpunkt, dass diese Übertragung in das ASVG eine europarechtswidrige Beihilfe darstellt. Das gilt sowohl für eine Überweisung nach der derzeitigen Rechtslage, als auch für jede - zurzeit offenbar diskutierte - 'Lex Bank Austria', die es der BA ermöglicht, für die Pensionsversicherung ihrer Mitarbeiter/innen geringere Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen als alle anderen vergleichbaren Marktteilnehmer. Da diese Übertragung somit gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht verstößt, hat sie zu unterbleiben."
Die Höhe der "Beihilfe" würde - "nach konservativer Schätzung" - über 2 Milliarden Euro betragen, sagte Gerlach im Gespräch mit der APA. Damit würde die Versichertengemeinschaft belastet und die Bank unmittelbar begünstigt. Für diese Rechnung müssten aber alle Betroffenen bis 65 Jahre arbeiten, was eher unrealistisch sei. Daher werde die Belastung wohl noch höher ausfallen, erwartet er. Die UniCredit-Tochter Bank Austria hat nach eigenen Angaben in ihrer Bilanz 2015 Pensionsrückstellungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro aufgelöst.
260 Mitarbeiter werden vertreten
Gerlach vertritt bisher 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank Austria, die nach dem Dienstrecht der Bank "definitiv", also unkündbar, sind. Sie sollen nun mit 1. März 2016 gemäß § 311 ASVG unter Bezahlung eines Überweisungsbetrages in das ASVG übertragen werden und wollen sich dagegen juristisch wehren. Die vom Anwalt vertretene Gruppe habe weder mit dem Bank-Betriebsrat noch mit der Gewerkschaft etwas zu tun.
NEOS brachten EU-Beschwerde ein
Die NEOS haben unterdessen bereits eine Beschwerde bei der EU-Kommission gegen die geplante Übertragung von Bank Austria-Beschäftigten ins ASVG-Pensionssystem erhoben. Dadurch würde eine unerlaubte staatliche Beihilfe an die Bank erbracht. Nur mit dieser Beschwerde könne sichergestellt werden, dass der Pensionsdeal nicht zulasten der Steuerzahler über die Bühne gehe.
Als politische Partei in Österreich sehen die NEOS für sich ein "berechtigtes Interesse" und damit eine Legitimation zur Beschwerde. Die EU-Kommission sei außerdem rechtlich verpflichtet, Informationen gleich welcher Herkunft über angebliche rechtswidrige Beihilfen zu prüfen.
Im konkreten Fall bestünden berechtigte Zweifel daran, dass der vorgesehene "Überweisungsbetrag" der Bank zur Deckung jener Verpflichtungen ausreiche, die von der Pensionsversicherungsanstalt übernommen werden, heißt es in der der APA vorliegenden Beschwerde. Wann immer die Aufwendungen der Pensionsversicherungsanstalt die Einnahmen übersteigen, deckt die Republik Österreich den Fehlbetrag in Form des sogenannten "Bundesbeitrages".
Ein weiterer Hinweis für eine unerlaubte staatliche Beihilfe ergebe sich aus den Entwicklungen der Rückstellungen für Pensionsleistungen innerhalb der UniCredit Bank Austria AG: Für die zu erwartenden Pensionsansprüche der betroffenen Mitarbeiter gegenüber der Bank hat das Unternehmen in Form von Rückstellungen Vorsorge getroffen. Diese Rückstellungen in Höhe von mehr als 1,9 Mrd. Euro wurden mit Jahresende 2015 aufgelöst. Gleichzeitig wurde eine neue Rückstellung für den per 1. März 2016 zu zahlenden "Überweisungsbetrag" gebildet, die ein Volumen von nur ca. 1,6 Mrd. Euro umfasse, wie es in der Beschwerde heißt. Gewinnsteigernd schlugen 312 Mio. Euro zu Buche, so die NEOS.
Die Beihilfe nutzt laut den NEOS sowohl der Bank Austria als auch der Gemeinde Wien: Das Geldinstitut könne seine Pensionsverpflichtungen gegenüber den Dienstnehmern in einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis gewinnbringend an die Pensionsversicherungsanstalt überweisen. Außerdem kann die Gemeinde Wien ihre Haftungen senken. Für die NEOS ergibt sich damit der "berechtigte Eindruck, dass auch auf Nachdruck der Gemeinde Wien" diese Überführung statt finde, um eigene Haftungen in diesem Bereich entsprechend zu reduzieren und die finanzielle Situation der Gemeinde Wien zu verbessern", heißt es in der Beschwerde.
Wie NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker gegenüber der APA betont, handle es sich hier um ein "schamloses Verhalten" der Stadt Wien. Doch "der österreichische Steuerzahler darf nicht für die Wiener Misswirtschaft zur Kasse gebeten werden", fordert er.