Der Stromkonzern Verbund hat - wie im Herbst angedroht - wegen des Streits um die Grazer Fernwärmeversorgung aus Mellach beim Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Niederösterreich eine 85-Millionen-Euro-Klage gegen die Energie Steiermark eingebracht. Das berichtete der "Kurier" am Donnerstag. Die Energie Steiermark bezeichnete diese Forderung des Verbund gegenüber der Zeitung als überzogen und "Affront gegenüber der Steiermark".
Geklagt hat der Verbund, weil er in der Heizsaison 2014/15 das defizitäre Gaskraftwerk Mellach, dass man eigentlich einmotten wollte, extra für Energie Steiermark zugunsten der Fernwärmeversorgung für die Stadt Graz als Reservekapazität bereit gehalten hat - aber "ungerechtfertigt", wie sich später herausgestellt habe. Denn im Herbst hat der Verbund im Hauptverfahren recht bekommen, laut Gericht war er zu dieser Bereitstellung nicht verpflichtet.
Energie Steiermark bleibt "gelassen"
Für diesbezügliche Verluste verlangt das Tochterunternehmen Verbund Thermal Power (VTP) laut der beim Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Niederösterreich eingebrachten Klage 79,08 Millionen Euro samt acht Prozent Zinsen, unterm Strich 85,41 Millionen Euro, wie es im Bericht heißt. Die Höhe untermauert der Verbund mit einem Gutachten des Wirtschaftsprüfers KPMG. "Das Schiedsgericht wird nun entscheiden, wie hoch die Summe letztlich ausfallen wird", zitiert die Zeitung die Verbund-Sprecherin Ingun Metelko.
"Wir sehen dem Ausgang des Verfahrens gelassen entgegen", sagt Urs Harnik, Sprecher der Energie Steiermark. "Wir haben bei Gesprächen mit dem Verbund signalisiert, einen marktgerechten Preis zu bezahlen." Aber diese hohe Forderung des Verbund sei nicht marktkonform, sondern völlig überzogen, so Harnik.
Verhandlung mit zwei Interessenten
Zu marktüblichen Preisen sei man bereit für eine langfristige Fernwärmelösung für Graz, hatte der Verbund im November deponiert; aktuell bekomme man aber nur 19 Euro pro MWh thermisch, der Marktpreis liege jedoch bei 45 Euro, rechnete der führende heimische Stromkonzern damals vor. Vertraglich verpflichtet ist der Verbund derzeit, bis zum Jahr 2020 aus dem Steinkohlekraftwerk Mellach aus bis zu 230 MW Wärme im Jahr für die Stadt Graz zu liefern.
Mit zwei Interessenten-Gruppen verhandelt der Verbund derzeit laut informierten Kreisen über den Verkauf von fünf Kraftwerksblöcken an den zwei Standorten Mellach und Neudorf/Werndorf in der Steiermark, zwei Blöcke davon sind stillgelegt. Einer der potenziellen Käufer soll aus Deutschland stammen. Die Verhandlungen sollen weit gediehen sein.