Nach den schweren Kurseinbrüchen vergangene Woche sind die chinesischen Aktienmärkte am Montag noch tiefer in den Keller gerutscht. Der Shanghai Composite Index sackte um 5,33 Prozent ab, während der Shenzhen Component Index sogar 6,12 Prozent verlor. Der ChiNext Index für Technologiewerte, der dem amerikanischen Nasdaq ähnelt, lag mit 6,34 Prozent im Minus.
Der Hang Seng Index in Hongkong fiel um 565,21 Zähler oder Prozent auf 19.888,50 Einheiten. Damit schloss er erstmals seit Juni 2013 unter 20.000 Einheiten.
Immobilien- und Energie-Aktien tiefrot
Trotz massiver staatlicher Interventionen dauert der schwere Kursrückgang in China seit vergangener Woche an, als der Index in Shanghai in fünf Tagen schon fast zehn Prozent verloren hat. Der Börseneinbruch in China zieht Aktienmärkte weltweit ins Minus. Auch am Montag lagen andere asiatische Börsen wieder deutlich niedriger.
In Shanghai schlossen etliche Werte mit dem höchstmöglichen Tagesverlust von zehn Prozent, die Kursverluste zogen sich dabei durch alle Branchen. Im Hongkonger Hang Seng Index wiederum schloss mit China Resources (plus 0,53 Prozent) nur ein einziger Wert im Plus. Sehr schwach zeigten sich hingegen Immobilien- und Rohstoffaktien. Zu den größten Verlierern gehörten die Immowerte China Resources Land (minus 6,22 Prozent) und China Overseas Land and Investment (minus 4,84) sowie die Energietitel Kunlun Energy (minus 7,34 Prozent) und Petrochina (minus 4,91 Prozent).
Um die Anleger zu beruhigen, hatte die Börsenaufsicht zum Ende der Woche einen neuen Schutzmechanismus wieder abgeschafft, der zu einer Abwärtsspirale geführt hatte. Danach wurde der Handel bei einem Rückgang um mehr als fünf Prozent für 15 Minuten ausgesetzt und bei mehr als sieben Prozent abgebrochen, was aber zu Panik geführt hatte.
Folgen für die Konjunktur
Unter dem Eindruck des Börsenbebens in China blicken Finanzmarktprofis auch skeptischer auf die Konjunktur in der Euro-Zone. Das am Montag veröffentlichte Barometer der Investmentberatung Sentix fiel im Jänner um 6,1 auf 9,6 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr.
China durchlebe möglicherweise nicht nur eine Wachstumsverlangsamung, sondern eine harte Landung der Wirtschaft. "Das geht auch an Euroland nicht spurlos vorbei", sagte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner zu der Umfrage unter mehr als 1000 Anlegern.
Die heraufziehenden weltwirtschaftlichen Gewitterwolken verdüsterten auch den Erwartungshorizont der Anleger. Das entsprechende Sentix-Barometer fiel von 18,0 auf 6,3 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit November 2014.
"Gift für die Wirtschaft"
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet ungewisse Zeiten für die deutsche Konjunktur. Das jüngste Börsenbeben in China schaffe Verunsicherung, "was prinzipiell Gift für jeden Unternehmer ist", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Wir wissen nicht, wie sich die Verwerfungen an den globalen Kapitalmärkten auf die Wirtschaft auswirken werden", sagte er.Es sei zu erwarten, "dass sich in diesem Jahr die Nettoexporte in Deutschland eher verhalten entwickeln werden, gerade auch durch die schwächere Entwicklung der Schwellenländer". So gebe es große Fragezeichen beim Wachstum in China. "Wir haben eine deutliche Abschwächung gesehen von knapp 10 Prozent Wachstum pro Jahr im letzten Jahrzehnt auf unter 7 Prozent im vergangenen Jahr". Brasilien und Russland seien in der Rezession. Hinzu kämen die Konflikte im Nahen Osten sowie zwischen Russland und der Ukraine.
Dennoch gebe es auch positive Zeichen. So habe die Schwäche bei den Ausfuhren nach China zuletzt zum Teil durch höhere Exporte nach Südeuropa und andere europäische Länder kompensiert werden können, sagte Fratzscher. Für die Eurozone erwarte das DIW 2016 ein Wachstum von 1,4 Prozent. "Das klingt erst einmal nicht schlecht, ist aber eigentlich zu wenig, um die Eurozone aus der Krise zu ziehen", ergänzte Fratzscher. Spanien sei ein Lichtblick, Frankreich mache Sorgen mit einem prognostizierten Wachstum von weniger als einem Prozent bei einer Arbeitslosigkeit von über 11 Prozent.