Volkswagen will die milliardenschweren Rückstellungen für Fahrzeug-Rückrufe wegen mit der Manipulation von Abgaswerten zum Teil auf die Staatskasse abwälzen. Er gehe davon aus, dass die Beträge steuerlich absetzbar seien, sagte Finanzvorstand Frank Witter in einer Analysten-Telefonkonferenz am Mittwoch. Anders sei dies bei Strafzahlungen oder Bußgeldern, die Volkswagen wegen Umweltvergehen drohen.
Volkswagen hatte für die Rückrufe von Millionen Autos 6,7 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Rückstellungen werden bei Unternehmen als Aufwand verbucht, der den Gewinn mindert.
"Auf einen Gewinn, den man nicht erwirtschaftet, zahlt man auch keine Steuern", sagt Deborah Schanz, Steuer-Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Hier wird praktisch der Aufwand etwa für einen Austausch von Teilen oder Nachbesserungen nachgeholt, den man sich früher gespart hat." Je niedriger der Gewinn, desto geringer ist die Steuerlast. "Nur Strafen, die in einem Strafverfahren verhängt werden, und Ähnliches sind nicht steuerlich abzugsfähig", erläutert Schanz.
Unmut in der Politik
In der Politik stößt das auf Unmut. "Dass die Folgen des Betrugs jetzt auch teilweise auf den Steuerzahler abgewälzt werden können, ist echt ärgerlich", sagte Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick Reuters. "Eigentlich sollten das die Eigentümer tragen. Aber das könnte man wohl nur dann erreichen, wenn man die Folgen strafbaren Verhaltens des Unternehmens steuerlich anders behandelt als normale Verluste." Das niedersächsische Finanzministerium erklärte, ihm lägen die Informationen zur Beurteilung des Sachverhalts nicht vor. Zudem unterliege der Fall dem Steuergeheimnis. Niedersachsen ist mit 20 Prozent an VW beteiligt.
Volkswagen hatte zugegeben, Abgaswerte von Diesel-Autos mit einer Betrugssoftware manipuliert zu haben. In den USA muss der Konzern deswegen mit Strafen von umgerechnet bis zu 16 Milliarden Euro rechnen. Auch in anderen Ländern ermitteln die Behörden. Auf den niedersächsischen Konzern rollt zudem eine Prozesslawine zu: Anwälte sammeln Munition für Schadensersatzklagen, Investoren wollen erlittene Kursverluste erstattet haben. Die Gesamtkosten des Skandals könnten nach Schätzungen von Experten am Ende in einer Größenordnung von 20 bis 30 Milliarden Euro liegen.