Ein Verfassungsrechts- und ein Steuerrechtsexperte von der Universität, eine Anwaltskanzlei, eine Sparte der steirischen Wirtschaftskammer und eine Vielzahl „echt zorniger“ Betriebe – diese Phalanx will zum juristischen Schlag gegen die ungeliebte Registrierkassenpflicht ausholen. „Es wird geklagt“, lassen Unternehmerkreise wissen. Und Spartenobmann Hermann Talowski bestätigt auf Anfrage: „Ja, es soll noch im Oktober eine Verfassungsklage gegen die Registrierkassenpflicht eingebracht werden.“ Das sei von der Sparte Gewerbe und Handwerk in der steirischen Wirtschaftskammer beschlossen worden. Juristisch sehe man einige Anknüpfungspunkte, sagt Talowski auf Basis der bisher vorliegenden rechtlichen Analysen.
Frist sorgt für Frust
Ziel sei es, dass die Verfassungsbeschwerde bis Ende des Monats an den Verfassungsgerichtshof übermittelt wird. Als Beschwerdeführer sollen steirische Unternehmer auftreten, die unterschiedlich betroffen sind. Zum einen wird die Verhältnismäßigkeit der Registrierkassenpflicht generell in Zweifel gezogen. Die bisherige „Barbewegungsverordnung“ legte die Grenze mit 150.000 Euro Jahresumsatz fest, ab 1.1.2016 müssen Unternehmen bereits ab 15.000 Euro Jahresumsatz (davon 7500 Euro Barumsätze) eine Registrierkasse verwenden. Daher die Frage: Ist es für Kleinstbetriebe mit so geringen Umsätzen und einem dementsprechend niedrigen Steueraufkommen adäquat, eine Registrierkassenpflicht samt beträchtlicher Investitionskosten einzuführen?
Auch den Gleichheitsgrundsatz sieht man verletzt, immerhin gibt es für einzelne Bereiche Erleichterungen und Vereinfachungen sowie Ausnahmen. Als größtes Problem erachtet man in der Sparte Gewerbe und Handwerk aber den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Die Frist sorgt für Frust.
„Wir brauchen mehr Zeit“
„Es kann doch nicht sein, dass die Betriebe alles bis 1.1.2016 umsetzen müssen, obwohl der Verordnungsgeber noch nicht einmal weiß, was er genau will“, ärgert sich Talowski. Denn mit 1. Jänner 2016 gilt zwar die Registrierkassenpflicht, die Vorschriften für den Manipulationsschutz treten aber erst ab 1.1.2017 in Kraft. Am 1.7.2016 soll der Startcode für die dafür notwendige Sicherheitseinrichtung fertig sein.
Die Betriebe befürchten daher, dass das im schlimmsten Fall dazu führen könnte, dass eine jetzt gekaufte Registrierkasse noch einmal umgerüstet oder sogar überhaupt eine neue angeschafft werden muss. „Seriös testen, ob die Kasse tatsächlich auch allen Ansprüchen des Manipulationsschutzes genügt, kann man letztlich erst ab 1. Juli 2016, trotzdem gilt die Pflicht schon ab 1. Jänner“, kritisiert Talowski.
"Generalverdacht ist unerträglich"
„Die Betriebe wissen, sie brauchen bald diese Kassensysteme, wir als ihre Interessensvertreter können ihnen aber nicht genau sagen, welche. Das ist für alle ärgerlich. Wir brauchen unbedingt mehr Zeit.“
Besonders heftig kritisiert wird weiterhin, dass „hier der Eindruck entsteht, als hätte es bisher bei kleineren Betrieben keine ordnungsgemäßen Abrechnungen gegeben, es geht auch nicht um eine generelle Ablehnung von Registrierkassen, doch dieser Generalverdacht ist unerträglich“.
"Sorgen sind absolut ernstzunehmen"
Der Präsident der steirischen Wirtschaftskammer, Josef Herk, signalisiert ebenfalls Unterstützung. Er spricht sich im Zusammenhang mit der Registrierkassenpflicht – ohne dabei das Wort „Klage“ in den Mund zu nehmen – für eine „ernsthafte Prüfung der Rechtskonformität“ aus.
Die Sorgen der Betriebe, dass man bis heute nicht genau wisse, welche Kassensysteme letztlich tauglich sind, seien „absolut ernstzunehmen“, so Herk.
Kärntner Sparte schließt sich an
Auch Klaus Peter Kronlechner, Spartenobmann Gewerbe und Handwerk in der Kärntner Wirtschaftskammer, kündigte bereits an, sich dem steirischen Vorstoß anzuschließen, und verweist auf einen bereits getroffenen Umlaufbeschluss des Präsidiums.