Ausbleibende Aufträge aus dem In- und Ausland setzen der chinesischen Industrie zu. Deren Geschäfte liefen im August so schlecht wie seit sechs Jahren nicht mehr. An den Börsen schürte das die Angst vor einer weltweiten Konjunkturabkühlung. Der Internationale Währungsfonds (IWF) kappte bereits seine erst wenige Wochen alte Prognose für das globale Wirtschaftswachstum.
Der Einkaufsmanagerindex für die chinesische Industrie fiel um 0,5 auf 47,3 Zähler und damit auf das niedrigste Niveau seit März 2009, wie das Markit-Institut am Dienstag zu seiner Umfrage unter vorwiegend kleineren Unternehmen mitteilte. Erst ein Wert von mehr als 50 Punkten signalisiert Wachstum. Das Barometer verharrte bereits den sechsten Monat in Folge darunter. Der offizielle, vom Statistikamt erhobene und auf größere Staatsunternehmen fokussierte Einkaufsmanagerindex fiel um 0,3 auf 49,7 Punkte. Das ist der schlechteste Wert seit mindestens drei Jahren, für den der elfte Auftragsrückgang in Folge sorgte. Viele Firmen haben mit Überkapazitäten zu kämpfen und müssen die Preise senken, was wiederum ihre Gewinne schmälert. Die Dienstleister wachsen dagegen weiter, allerdings so langsam wie seit Juli 2014 nicht mehr.
Asiatische Börsen weiterhin schwach
Die schwache Konjunkturdaten zogen die Aktienmärkte in Fernost und Europa nach unten. So lag das Minus in Shanghai bei mehr als einem Prozent. Der Dax fiel um knapp drei Prozent und damit unter 10.000 Punkte.
Immer mehr Analysten rechnen nun damit, dass China das von der Regierung angepeilte Wachstum von sieben Prozent verfehlen wird - es wäre ohnehin das geringste seit einem Vierteljahrhundert. "Angesichts der schleppenden Aktivität im Sommer könnte das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal unter 6,5 Prozent fallen", schrieben ANZ-Experten in einer Analyse zu China. Um ihr Ziel in diesem Jahr noch zu erreichen, müsse die Regierung unter anderem ihre Geldpolitik aggressiver lockern. 2014 lag das Wachstum noch bei 7,4 Prozent.
IWF-Chefin Christine Lagarde traut der Führung in Peking zu, die Lage zu stabilisieren. "Der Übergang zu einer marktbasierten Wirtschaft und der Abbau der in den vergangenen Jahren angestauten Risiken ist komplex und könnte ein wenig holprig verlaufen", sagte sie. "Die Behörden haben aber die politischen Werkzeuge und auch die finanziellen Puffer, um diesen Übergang zu bewerkstelligen." Die Zentralbank etwa hat seit November bereits vier Mal ihren Leitzins gesenkt, um mit billigerem Geld die Wirtschaft anzuschieben.
China bremst Konjunktur
Auch wegen China dürfte die Weltkonjunktur in diesem Jahr schwächeln. "Wir gehen davon aus, dass das globale Wachstum moderat bleibt und voraussichtlich geringer ausfällt als im Juli prognostiziert", sagte Lagarde in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Damals hat der IWF ein Plus von 3,3 Prozent vorausgesagt. Für Europa wird die China-Schwäche der EU-Kommission zufolge aber wohl keine größeren Folgen haben. "Ich bin davon überzeugt, dass die jüngsten Entwicklungen an den Märkten nicht dazu geeignet sind, die europäische Konjunktur zu destabilisieren", sagte Währungskommissar Pierre Moscovici.
Die Industrie in der Eurozone stellt derzeit wegen ihres soliden Wachstums so viele Mitarbeiter ein wie seit Jahren nicht mehr. "Die Beschäftigung legte im August so zügig zu wie zuletzt vor vier Jahren", sagte Markit-Ökonom Rob Dobson zur Umfrage seines Instituts unter 3000 Unternehmen. Hauptgrund: Die Geschäfte ziehen trotz wachsender Sorge um den wichtigen Absatzmarkt China an. Der Einkaufsmanagerindex fiel zwar im Vergleich zum Vormonat leicht um 0,1 auf 52,3 Punkte, doch hielt sich das Barometer deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. "Angesichts verstärkter Produktions- und Auftragszuwächse hat sich der Industriesektor abermals wacker geschlagen", sagte Dobson.