Neue Turbulenzen erschüttern Chinas Aktienmärkte. Spekulationen über einen langsamen Rückzug staatlicher Hilfe haben die Kurse am Dienstag so stark wie seit drei Wochen nicht mehr fallen lassen. Auch Sorgen um eine weitere Abwertung der chinesischen Währung und schlechte Konjunkturaussichten setzten die Märkte unter Druck.
Nach dem Eindruck der Händler schwinden die Hoffnungen auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik, nachdem sich der Wohnungsmarkt stärker als erwartet gezeigt hatte. Der wichtige Shanghai Composite Index erlebte mit minus 6,15 Prozent auf 3.748 Punkte den größten Rutsch seit dem 27. Juli, als es um 8,5 Prozent in den Keller gegangen war. Der Component Index in Shenzhen fiel um 6,56 Prozent auf 12.683 Punkte, während der ChiNext für Technologiewerte, der dem Nasdaq in den USA ähnelt, 6,08 Prozent auf 2.504 Punkte verlor. Das zog auch andere asiatische Aktienmärkte mit runter. Der japanlastige Sammelindex Stoxx 600 Asia/Pacific verlor 0,38 Prozent auf 170,31 Punkte.
Kurzfristige Erholung
Bis Montag hatte sich der Aktienmarkt nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Bloomberg zunächst um 14 Prozent von seinem Tief am 8. Juli erholt. Der neue Kursrutsch folgte nach Äußerungen der Wertpapieraufsicht, zwar langfristig dem Markt unter die Arme greifen zu wollen, aber künftig nur noch zu intervenieren, wenn ungewöhnliche Fluktuationen oder andere schwere Risiken auftauchten.
Seit zwei Monaten erleben Chinas Aktienmärkte eine extreme Berg- und Talfahrt: Getrieben von Privatanlegern, die in großem Stil Aktien auf Pump kauften, war der Leitindex in Shanghai binnen eines Jahres um mehr als 150 Prozent gestiegen. Mitte Juni begann ein rasanter Kurseinbruch. Innerhalb von nur 18 Handelstagen verlor der Index 32 Prozent an Wert.
Mit radikalen Eingriffen gelang es der Regierung, zunächst die Kurse zu stabilisieren. Die Zentralbank senkte die Zinsen auf ein Rekordtief, zudem wurde ein riesiges Kaufprogramm für Wertpapiere initiiert. Bis zu 50 Prozent der an den Börsen des Landes gehandelten Aktien wurden vom Handel ausgesetzt. Die Bemühungen zeigen aber nur durchwachsenen Erfolg. Zuletzt kam das Explosionsunglück im wichtigen nordchinesischen Hafen Tianjin erschwerend hinzu.
Wetten auf fallende Kurse
Zu den erneut fallenden Kursen sagten Händler, es seien offenbar wieder verstärkt sogenannte Leerverkäufer am Markt aktiv. Diese setzten auf fallende Kurse. Der Hang-Seng-Index in Hongkong, wo ausländische Investoren uneingeschränkt handeln können, verlor 1,43 Prozent auf 23.474,97 Punkte. Schwächster Wert waren die Papiere von Lenovo mit einem Minus von fast 6 Prozent. Der Computerhersteller hatte angekündigt, Smartphones im umkämpften indischen Markt zu bauen.
Der Nikkei-225-Index in Tokio schloss 0,32 Prozent tiefer bei 20.554,47 Punkten. Anleger hätten sich vor dem zur Wochenmitte erwarteten Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed zurückgehalten, hieß es. Größter Verlierer waren die Papiere des Rohstoffkonzerns JX Holdings mit minus 3,63 Prozent. Gefragt waren hingegen Aktien von Elektronikkonzernen wie Alps Electric oder Sony.
Rohstoffe unter Druck
Wieder aufflammende Sorgen um die Wirtschaft in China haben die Stimmung an den Rohstoffmärkten am Dienstag getrübt. Die massiven Verluste an der Börse in Shanghai, wo der Leitindex um sechs Prozent abstürzte, verstärke Händlern zufolge die Angst vor einer Abschwächung der Nachfrage nach Öl oder Kupfer aus der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft.
Zu schaffen machte den Investoren vor allem, dass die Landeswährung Yuan zum Dollar zeitweise erneut an Wert verlor. Viele Anleger sahen darin den Beweis, dass es um die Wirtschaft Chinas, einem der größten Verbraucher von Industrierohstoffen, nicht gut bestellt ist. Schon in der letzten Woche hatte die Talfahrt des Yuan die Märkte unter Druck gesetzt.