Camcorder, Navigationsgeräte oder Druckerkartuschen könnten in den kommenden Jahren günstiger für die Verbraucher werden. Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) einigten sich auf den Wegfall der Zölle für rund 200 IT-Produkte weltweit, wie die Organisation am Freitag in Genf mitteilte. WTO-Generalsekretär Roberto Azevedo sprach von einer "bedeutenden Übereinkunft".
Seit dem Jahr 2012 hatten 54 der insgesamt 161 WTO-Mitglieder über eine Erweiterung der Liste von IT-Produkten aus dem Jahr 1997 verhandelt, für die an den Grenzen keine Zölle fällig werden. Unter den mehr als 200 Produkten im Wert von jährlich fast einer Billion Euro, um die es in der nun erzielten Einigung geht, sind etwa neue Halbleiter oder medizinische Geräte, zudem Vorprodukte für die Herstellung von IT-Produkten wie etwa Leuchtdioden. Sind Vorprodukte günstiger, sinken die Produktionskosten.
Markt für Fernseher bleibt geschützt
Nicht nur für Importeure, auch für Exporteure ist ein Abkommen von Vorteil: Hersteller von betroffenen IT-Produkten - etwa der Halbleiterhersteller Infineon - können ihre Produkte im Ausland günstiger verkaufen. Geschützt bleibt dagegen der Markt für Fernsehgeräte und verschiedene optische Produkte. Dies geschieht auch auf Wunsch der Europäischen Union, um bestehende Produktionen in ihren Grenzen zu unterstützen.
WTO-Generalsekretär Azevedo erklärte, es gehe insgesamt um ein Handelsvolumen von mehr als 1,3 Billionen Dollar (1,2 Billionen Euro) jährlich. Der Wegfall der Zölle werde "enormen Einfluss" auf die fraglichen Branchen haben und "Preissenkungen anregen". Unterzeichnet werden soll die Vereinbarung bei der nächsten WTO-Ministerkonferenz im Dezember.
"Das bringt uns einen Wachstumsschub"
Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärte, die Einigung "bringt uns einen weiteren Wachstumsschub für Unternehmen und Arbeitsplätze in der IT-Branche und der digitalen Wirtschaft". Auch Wirtschaftsvertreter erhoffen sich bereits Vorteile: "Die deutsche Industrie wird vom erleichterten Handel mit IT-Produkten wesentlich profitieren", erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Für eine erfolgreiche Industrie im digitalen Zeitalter brauche das Land die Ein- und Ausfuhr von Hightech.
Ein WTO-Abkommen sei immer "der Königsweg", sagte der Chefvolkswirt des Branchenverbands Bitkom, Axel Pols, am Freitag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Auch wenn nur 54 Mitglieder der Organisation das Abkommen unterzeichnen, profitierten doch alle WTO-Länder. Dies sei ein "Riesenvorteil" gegenüber bilateralen oder regionalen Abkommen.
"Lebenszeichen der WTO"
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag begrüßte das "Lebenszeichen" der WTO. Das multilaterale Abkommen sei besonders vorteilhaft für kleine und mittelständische Unternehmen, weil der weltweite Handel für sie einfacher werde, sagte der Leiter für Außen- und Wirtschaftspolitik, Felix Neugarth.
Nicht gelungen sei leider, die sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnisse in großem Umfang anzugehen, also nationale Vorschriften etwa zur Gesundheit zu beseitigen, sagte Bitkom-Experte Pols. Diese Schranken wirkten oft schwerwiegender als Zölle. Im Abkommen werde lediglich vermerkt, dass die WTO hier Fortschritte zu erreichen suche.