Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihren Leitzins bei Null. Der wichtigste Leitzins, zu dem sich die Banken für eine Woche Zentralbankgeld leihen können, betrage unverändert 0,05 Prozent, teilte die EZB am Mittwoch nach der Sitzung des geldpolitischen Rats in Frankfurt mit.
Der Zinssatz zur Spitzenrefinanzierung beträgt weiterhin 0,3 Prozent. Der Satz für Einlagen, die die Banken bei der EZB deponieren, bleibt bei minus 0,2 Prozent. Mit dem Negativzins will die EZB die Kreditvergabe anschieben.
Die Entscheidungen der Notenbank wurden von Analysten durchweg erwartet. EZB-Präsident Mario Draghi wird ab 14.30 Uhr vor die Presse treten, um den geldpolitischen Kurs zu erläutern. Fachleute rechnen damit, dass Draghi die Entschlossenheit der EZB bekräftigen wird, die im März gestarteten Wertpapierkäufe zur Belebung von Konjunktur und Inflation bis Herbst 2016 fortzuführen. Große Themen dürften die Griechenland-Krise und jüngste Turbulenzen an den Anleihemärkten sein.
Anleihen um 147 Milliarden Euro gekauft
Seit März versuchen die Währungshüter, die Konjunktur und den Preisauftrieb zudem mit einem gewaltigen Kaufprogramm anzuschieben: Monatlich 60 Milliarden Euro sollen in Staatsanleihen und andere Vermögenswerte investiert werden, insgesamt 1,1 Billionen Euro bis September 2016. Bis zum 29. Mai erwarb die EZB im Rahmen dieses Programms allein Staatsanleihen im Gesamtvolumen von rund 147 Milliarden Euro.
Das frische Geld kommt im Idealfall über Geschäftsbanken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das könnte Investitionen und Konsum anschieben und so die Konjunktur in Schwung bringen und die Inflation anheizen.
Inflation zieht an
Europas Währungshüter erwarten nun doch einen leichten Anstieg der Verbraucherpreise in diesem Jahr. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Inflationsprognose für 2015 von zuletzt 0,0 Prozent auf 0,3 Prozent angehoben. EZB-Präsident Mario Draghi führte dies am Mittwoch in Frankfurt vor allem auf die lockere Geldpolitik und die allmähliche Erholung der Energiepreise zurück.
In den beiden Folgejahren dürfte sich die Geldschwemme durch das billionenschwere Programm zum Kauf von Staatsanleihen nach der Vorhersage noch stärker auf den Preisauftrieb auswirken. Demnach steigen die Verbraucherpreise 2016 um 1,5 (bisher ebenfalls 1,5) Prozent. Für 2017 sagen die Notenbanker wie schon im März eine Inflationsrate von 1,8 Prozent voraus. Die EZB strebt mittelfristig eine Teuerungsrate von knapp unter 2 Prozent an.
Im Mai sind die Verbraucherpreise im Euroraum zum ersten Mal in diesem Jahr wieder leicht um 0,3 Prozent auf Jahressicht gestiegen. Noch im Jänner hatte ein Minus von 0,6 Prozent Sorgen vor einer Deflation - also einem Preisverfall auf breiter Front - geschürt.
Geldschleusen bleiben offen
Gleichzeitig haben die Notenbank-Experten ihren Konjunkturoptimismus weitgehend beibehalten. Für das laufende Jahr erwarten sie nach wie vor 1,5 Prozent Wachstum im Euroraum. Die Prognose für 2016 bleibt bei 1,9 Prozent. Für 2017 sagen die Notenbanker ein leicht nach unten korrigiertes BIP-Wachstum von 2,0 (bisher: 2,1) Prozent voraus.
In jedem Fall sollen die Märkte solange mit Geld geflutet werden, bis sich die Inflationsrate nachhaltig in die von der EZB gewünschte Richtung bewegt. Zuletzt waren die Preise in der Eurozone erstmals in diesem Jahr gestiegen - mit 0,3 Prozent kletterten sie sogar einen Tick stärker als von Fachleuten erwartet. Doch die Europäische Zentralbank (EZB) strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an.