Die E-Wirtschaft hat erstmals eine Landkarte für alle größeren Kraftwerks-Standorte in Österreich erstellt, insgesamt über 190 an der Zahl. Investitionen in neue Anlagen zur Stromerzeugung stagnieren indes selbst im Wasserkraftbereich. Schuld sind aus Sicht der E-Wirtschaft die anhaltend niedrigen Strom-Großhandelspreise aufgrund der hohen Ökostromförderung speziell in Deutschland.
Erstmals wird die installierte Leistung in Großkraftwerken in Österreich 2015 und in den Folgejahren - mit der schon angekündigten Schließung kalorischer Anlagen - sinken. Die installierte thermische Leistung, die vor allem zum Engpassmanagement immer häufiger gefragt ist, dürfte so auf 61,3 Prozent der Spitzenlast schrumpfen, nimmt der Branchenverband Oesterreichs Energie an. Der Wert läge damit nur noch knapp über den von der TU Wien als Untergrenze für die Versorgungssicherheit genannten 60 Prozent.
"Wir müssen trachten, dass wir bei der Kapazität nicht noch weiter nach unten fallen", betonte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, dazu zur APA. Kalorische Kraftwerke zur Stromerzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung würden nur noch dort gefahren, wo es vertragliche Verpflichtungen zur Fernwärmeproduktion gebe. Es müssten die Rahmenbedingungen für die bestehenden Kraftwerke verbessert und auch die Landesgrenzen für einen funktionierenden Stromaustausch geöffnet werden. Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit könne sich Österreich nicht leisten, dass noch mehr Kapazität verloren gehe, betonte Schmidt.
Neue Projekte auf der langen Bank
Weil aus wirtschaftlichen Überlegungen schon viele Projekte auf die lange Bank geschoben sind, macht die neue Kraftwerkskarte auch die schon absehbaren tiefen Einschnitte in die heimische Stromerzeugung sichtbar. Die meisten Großkraftwerke befinden sich im Industrieland Oberösterreich. Über die meisten Speicher verfügen dagegen - aufgrund ihrer Topografie - Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten. Die Windkraft konzentriert sich im Nordburgenland und im südöstlichen Niederösterreich.
Herzstück der Inlandserzeugung sind in der Wasserkraft 93 Anlagen (über 10 MW Leistung) mit einer gesamten installierten Leistung in Laufkraftwerken von 4.488 Megawatt (MW). Zudem verfügt Österreich über 67 Speicherkraftwerke (über 10 MW) mit 7.693 MW Engpassleistung, die von Mitgliedern des Branchenverbandes betrieben werden. Thermische Anlagen weisen ebenfalls rund 7.700 MW Leistung auf, bei Windkraft-Anlagen (über 10 MW) sind es 1.069 MW. In Summe betrug 2013 die Engpassleistung aller heimischen Großkraftwerke 20.950 MW.
1800 Megawatt stillgelegt
Im thermischen Bereich ergibt sich eine Stilllegung von 1800 MW Leistung, rechnet man das schon stillstehende steirische Ölkraftwerk Werndorf, den Verbund-Block in Dürnrohr und die avisierte Stilllegung von Riedersbach (Energie AG OÖ) und die Mellach-Einmottung (Steiermark) zusammen.
Seit 2011 zwingen die niedrigen Strompreise die heimischen Kraftwerksbetreiber immer häufiger zum Aufschub baureifer Projekte. Der Großteil der Kraftwerksvorhaben, die für 2015 und 2016 in Angriff genommen werden sollten, wurde auf einen späteren Zeitraum verschoben oder vorläufig zur Gänze zurückgestellt. 2015 wird die Erzeugung aus Wasserkraft wie schon im Vorjahr praktisch stagnieren, im thermischen Bereich wird ohnedies schon länger kein einziges Projekt mehr vorangetrieben.
Wasserkraftprojekte in Bau
Im Herbst 2014 hatten die Mitglieds-EVU Wasserkraftprojekte mit 4.507 MW Gesamtleistung in Bau, Genehmigung oder Planung. Der aktualisierte Stand wird zur Zeit in der Branche erhoben, Resultate des Investitionstests könnte es im Herbst geben, sagt Schmidt. Zu den vorjährigen Projekten hatte es im September geheißen, die geplante Erzeugung aus diesen Wasserkraftanlagen liege mit 3.935 GWh jährlich zwar mengenmäßig im Rahmen der heimischen Energiestrategie, nicht aber im Zeitrahmen.
Wesentliche Einschränkungen der Stromerzeugung aus Wasserkraft befürchtet die Branche für die kommenden Jahre durch die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Für Laufkraftwerke könnte die Umsetzung (für Restwasser und Durchgängigkeit) einen Verlust von 1.800 GWh pro Jahr bedeuten, fünf Prozent der heimischen Wasserkrafterzeugung, befürchtet Oesterreichs Energie. Bei Speicheranlagen könnte es durch aktuelle Vorschläge zum Verlust von über 1.000 MW Spitzenleistung bzw. mehr als 2.000 GWh zu Spitzenbedarfszeiten kommen. "In Summe könnte somit die Stromerzeugung aus Wasserkraft bis zu zehn Prozent sinken", warnt der Branchenverband.