In der Causa um den pleitegegangenen Kärntner Finanzkonzern AvW haben Anleger eine Niederlage vorm Obersten Gerichtshof (OGH) hinnehmen müssen. Gleich zwei mal wies das Höchstgericht Geschädigte ab, die die Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet (D&B) wegen ihrer guten Bewertungen der AvW auf Schadenersatz verklagt hatten.
"Uns tun die AvW-Anleger leid. Aber wir sind der falsche Haftungsadressat", sagte D&B-Anwalt Martin Dohnal am Dienstag zur APA.
Zahlreiche Kleinanleger
Steirische Anwälte, die zahlreiche AvW-Kleinanleger vertreten, hatten ein paar Dutzend Klagen gegen D&B (jetzt: Bisnode D&B Austria GmbH) auf den Weg gebracht. Ein paar wenige wurden bereits zugunsten von D&B erledigt. Der Großteil wurde aber bis zu einem Entscheid des OGH ruhend gestellt.
Dieser hat nun entschieden und wie schon die Vorinstanzen die Begehren der Kläger abgeschmettert. Die Anleger hatten argumentiert, wenn D&B die AvW nicht so gut bewertet hätte, hätten sie keine AvW-Genussscheine gekauft und hätten am Ende kein Geld verloren.
Gefälschte Bilanzen
D&B hatte dem entgegengehalten, die Bonitätsauskunft sei auf Basis gefälschter Bilanzen erfolgt, immerhin habe der wegen schweren Betrugs verurteilte frühere AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach im Strafverfahren 2011 zugegeben, dass er unrichtige Bilanzen erstellt hat bzw. erstellen ließ.
Zudem, hatte D&B stets betont, habe Auer-Welsbach die Bonitätsauskünfte widerrechtlich und ohne Wissen und Zutun von D&B veröffentlicht und zu Werbezwecken verwendet.
Aus diesem Grund haftet D&B nicht für die Schäden der AvW-Anleger, befand der OGH. Im Fall eines Anlegers, der 2004/05 nunmehr wertlose AvW-Papiere gekauft hatte, waren nämlich die "Ratings" von D&B bezüglich AvW "nicht kausal für die ursprüngliche Anlageentscheidung des Klägers", hielt das Höchstgericht im April (9 Ob 62/14d) fest und wies daher die außerordentliche Revision zurück.
Weiterer Fall abgewiesen
In einem zweiten OGH-Urteil (4 Ob 249/14t) von Ende März wurde die Revision ebenfalls zurückgewiesen. Die Höchstrichter teilten die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, "dass die Haftung der Beklagten schon daran scheitert, dass sie von der widmungswidrigen Verwendung ihrer Berichte nichts wusste und ihr dies auch nicht als sorgfaltswidrig angelastet werden kann ..."
Eine Haftung für Anlegerschäden bestünde laut OGH nur dann, wenn D&B für Bonitätsauskünfte Geld von AvW bekommen hätte oder wenn "durch ein nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken, etwa an der Gestaltung von Werbebroschüren, ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen" worden wäre.
Das war bei D&B aber nicht der Fall. Die Wirtschaftsauskunftei erstellt - ohne expliziten Auftrag - sogenannte Businessreports über Unternehmen. Diese verkauft sie an andere Firmen, die sich ein Bild über einen potenziellen Geschäftspartner, u. a. dessen Bonität, machen wollen. Die begutachteten Unternehmen bekommen auch ein "Rating". Dabei handelt es sich aber nicht um ein klassisches Rating, wie es große Agenturen (S&P, Fitch, Moody's) erstellen. "Wir gehen nicht in Unternehmen und prüfen sie", so Dohnal. Vielmehr bediene sich Bisnode D&B Austria öffentlich zugänglicher Bilanz- und Firmenbuchdaten.
Die betroffenen Unternehmen haben laut Datenschutzgesetz (DSG) das Recht, einmal im Jahr kostenlos einen Bericht zu erhalten. Die Daten dürfen sie nicht weitergeben.
Auer-Welsbach hat jedoch genau das getan. "Die aus den Berichten entnommenen 'Ratings' verwendete die Emittentin der Genussscheine auch in ihrem Internetauftritt und sonstigen Werbeunterlagen für die Genussscheine. Dies war aber der beklagten Wirtschaftsauskunftei nicht bekannt", heißt es im OGH-Urteil.
Bis 2008, als die Malversationen bei AvW ans Licht kamen, waren die "Ratings" "durchgehend sehr positiv". Erst zu diesem Zeitpunkt bemerkte D&B, dass Auer-Welsbach die Bewertungen zu Werbezwecken verwendete und untersagte diese Praxis, wie die Richter schreiben.
D&B-Anwalt Dohnal sieht vor allem das OGH-Urteil im Musterverfahren als Vorentscheidung für die noch anhängigen Verfahren - eine der nun vom OGH zurückgewiesenen Klagen war als Musterverfahren deklariert.
Der gegnerische Anwalt Michael Bauer indes hat über die weitere Vorgehensweise noch nicht entschieden. Er habe dem für Musterverfahren zuständigen Gremium beim Versicherungsverband berichtet, dass die OGH-Entscheidung nicht nachvollziehbar sei, da zumindest ab 2006 eine "völlig andere Kausalitätslage gegeben ist", wie er zur APA sagte. Aus seiner Sicht könnte eine Fortsetzung sinnvoll sein. Die Entscheidung darüber solle noch im ersten Halbjahr 2015 fallen.