Die führenden deutschen Wirtschaftsforscher warnen vor Risiken des lockeren Kurses der Europäischen Zentralbank (EZB). "Es ist nicht auszuschließen, dass es bei anhaltend expansiver Geldpolitik zu Blasen auf den Aktienmärkten kommt", schreiben die Forscher in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Frühjahrsgutachten. Ein Platzen hätte negative Konsequenzen für die Konjunktur.
"Auch auf anderen Vermögensmärkten, etwa für Immobilien, besteht dieses Risiko", wird betont. Die EZB pumpt derzeit über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren monatlich rund 60 Milliarden Euro in die Finanzmärkte, um für mehr Inflation und Wirtschaftswachstum zu sorgen.
Risiken für die Finanzstabilität
Grundsätzlich sehen die Ökonomen Staatsanleihekäufe durch die Zentralbank als geeignetes Mittel, um Gefahren eines konjunkturschädlichen Preisverfalls auf breiter Front (Deflation) entgegenzuwirken. Die Forscher betonen aber auch: "Der Kauf von Staatsanleihen durch das Eurosystem ist mit erheblichen Risiken für die Finanzstabilität und für die Stabilität der öffentlichen Finanzen im Euroraum verbunden."
Zudem mahnen die Institute, dass die EZB mit ihren groß angelegten Käufen in ein Dilemma geraten könnte. "Mit dem Programm verhindert sie letztlich, dass die Kapitalmärkte mit höheren Renditen auf zunehmende öffentliche Verschuldung in Mitgliedsstaaten der Währungsunion reagieren." Dies schaffe Fehlanreize, da Staaten ihre Verschuldung wegen der niedrigen Zinsausgaben weiter erhöhen könnten.
Kaum Rendite auf deutsche Staatsanleihen
Schon jetzt lassen das Zinstief und die Geldschwemme der EZB die Renditen deutscher Staatsanleihen immer weiter schmelzen. Mit dem Kauf der maßgeblichen Staatspapiere mit zehn Jahren Laufzeit erzielten Anleger am Donnerstag erstmals weniger als 0,1 Prozent Rendite. Damit nähert sich der Zins dieses wichtigen Produkts immer weiter der Null-Marke.
Würde die Rendite ins Negative fallen, hieße dies, dass Anleger beim Kauf solcher Bundesanleihen unterm Strich bis zur Fälligkeit ein Minusgeschäft machen würden - und der Staat fürs Schuldenmachen Geld bekommen würde. Die Rendite setzt sich aus dem aktuellen Kurs und dem Zinskupon einer Anleihe zusammen. Da die EZB solche Papiere derzeit massiv aufkauft, steigen die Kurse weiter, womit die Rendite sinkt. Der Staatshaushalt profitiert von dieser Entwicklung immer dann, wenn der Bund neue Papiere herausgibt.