"Ich bin froh und erleichtert“, sagt eine 58-jährige Klagenfurterin nach dem Urteil, das das Oberlandesgericht Graz in einem Rechtsstreit um Genussscheine der Pleite gegangenen AvW-Finanzgruppe in Krumpendorf fällte. Der Klagenfurter Makler, der ihr die Papiere vermittelte, muss ihr vom investierten Kapital 75 Prozent zurückzahlen. Über 80.000 Euro hatte die Frau in AvW-Papiere gesteckt, jetzt soll sie 61.558 Euro vom Makler zurück erhalten. Zudem 27.242 Euro Zinsen und 11.675 Euro Kosten – also über 100.000 Euro. Eine ordentliche Revision gegen das Urteil ist nicht möglich. Der Anwalt des Maklers will außerordentliche Revision beim OGH, womit das Urteil nicht rechtskräftig, die Vollstreckung aber nicht aufgeschoben ist.
„Sicher wie ein Sparbuch“
Während der verurteilte AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach in Graz seine Haftstrafe abbüßt, hoffen Hunderte geprellte AvW-Kunden in verschiedenen Prozessen und im Insolvenzverfahren, einen Bruchteil ihrer Investments zu sehen. Für die Klagenfurterin erstritt die Anwaltskanzlei Angerer Hochfellner Pontasch (AHP) in erster Instanz, dass der Makler der Kundin 50 Prozent ihres Investments zurückzahlen muss. Nachdem beide Seiten beriefen, entschied das OLG Graz, dass ihr 75 Prozent zustehen.
Der Makler „versicherte der Klägerin, dass der AvW-Genussschein so sicher wie ein Sparbuch sei, aber besser verzinst“, heißt es im Urteil. Falls etwas schief gehe, habe AvW Immobilien. Er würde außerdem die Genussscheine jederzeit zurückkaufen. Er selbst würde welche kaufen, was er aber nicht tat. Die Frau, die „ein Zubrot für die Pension“ haben wollte, löste 2002 zuerst ein Sparbuch auf und kaufte um rund 37.000 Euro AvW Genusscheine.
Später ging die Kundin mit dem selbstständigen Makler eine Beziehung ein und sie arbeitete auch bei ihm im Büro. In der Zeit riet er ihr auch noch, einen ererbten Baugrundanteil zu verkaufen und Bausparverträge aufzulösen, um noch einmal rund 50.000 Euro in AvW-Papiere zu stecken.
Der Versicherungsmakler hatte keine Gewerbeberechtigung als Finanzdienstleister. Mit der AvW Invest AG hatte er eine Vereinbarung, AvW Genussscheine zu vermitteln und zu beraten. „Er gab der Frau keine Risikohinweise und beriet sie unvollständig“, sagt ihr Anwalt Michael Pontasch-Müller zum erfolgreich erstrittenen Urteil. „Und der Makler hat von der Frau kein Anlegerprofil erstellt.“ Vielmehr habe er sie es blanko unterschreiben lassen und erst hinterher ausgefüllt, dass sie keine Informationen geben wolle. Die AvW-Berater durften nämlich laut Vereinbarung mit AvW „Kaufaufträge über AvW Genusscheine nur entgegennehmen, wenn der Kunde auf Beratung verzichtet oder nicht bereit ist, die verlangten Informationen zu erteilen“. Als AvW in Schlagzeilen geriet, wollte die Frau wenige Tage vor dem Treffen von Auer-Welsbach mit Jörg Haider an dessen Todestag, die Papiere verkaufen und bekam sie nicht mehr weg. 2011 klagte sie. Im Ersturteil bekam sie 50 Prozent Mitverschulden, weil sie Risikohinweise nicht las. Nun reduzierte das OLG auf 25 Prozent.
Der Anwalt des Maklers, Ferdinand Lanker, will außerordentliche Revision beim OGH beantragen: „Mein Klient kann für die Malversationen von Auer-Welsbach nichts dafür.“ „Trifft hier nicht zu, weil sie ein sicheres Sparbuch gegen Risikopapiere tauschte“, sagt Pontasch-Müller.
ADOLF WINKLER