Österreichs größter Stromkonzern Verbund hat voriges Jahr unter die Belastung mit thermischen Kraftwerken im In- und Ausland einen Schlussstrich gesetzt, führt den Sparkurs fort und kürzt Investitionen. Trotz widriger Marktverhältnisse hat man 2014 gar nicht so viel Gewinn gegenüber dem Rekordjahr 2013 eingebüßt, operativ will man 2015 bei weiter sinkenden Strompreise fast ans Vorjahr anknüpfen.
Das Konzernergebnis, das 2013 stark vom Asset-Swap Türkei/E.ON profitiert hatte, sank 2014 unbereinigt von 580 auf 126 Millionen Euro (bereinigt von 384 auf 216 Millionen Euro). Unbereinigt sind für heuer 180 Millionen Euro Konzernergebnis angepeilt - von dem, was bereinigt bleibt, sollen rund 50 Prozent an Dividende gezahlt werden; die in Summe den Aktionären für 2014 zufließenden 100,5 Millionen Euro (0,29 Cent/Aktie) entsprechen 46,7 Prozent Ausschüttungsquote.
Strompreis sank
Gedrückt wurden die Ergebnisse 2014 durch Preis- und Mengeneffekte, "auf die wir keinen Einfluss haben", wie es am Mittwoch im Bilanzpressegespräch hieß. Der durchschnittliche Strom-Absatzpreis sank um fast ein Fünftel von 48,1 auf 39,1 Euro je Megawattstunde (MWh). Dementsprechend schrumpften die Stromerlöse um 10,8 Prozent auf 2,43 Milliarden Euro bei 2,83 Milliarden Euro (-13 Prozent) Gesamterlös.
Auch 2015 sind die "Sensitivitäten" für das operative Ergebnis die Strom-Großhandelspreise sowie die Erzeugung aus Wasser- und Windkraft. Vom erwarteten Preisrückgang im Absatz von 39,1 auf 36,1 Euro/MWh gebe es ein Hedging für 70 Prozent, 30 Prozent seien aber noch "sensitiv", so Finanzvorstand Peter Kollmann. Für 2016 befürchtet der Verbund sogar ein weiteres Absacken der erzielbaren Absatzpreise auf 34,6 Euro je MWh. Für die nächsten zwei, drei Jahre sei eine flache, stagnierende Entwicklung zu erwarten, sagte Generaldirektor Wolfgang Anzengruber, für 2020 würden die Strompreisprognosen aber im Konsens stark nach oben zeigen.
Jobabbau geht weiter
Das seit zwei Jahren laufende Kostensenkungsprogramm bringt bis Ende 2015 nun doch kumulierte Einsparungen von 165 Millionen Euro - um 35 Millionen Euro mehr als die angepeilten 130 Millionen Euro. Der zweite Teil des Job-Abbaus - nochmals 250 Stellen bis zum Jahr 2020, in Summe also 500 - soll 20 bis 30 Millionen Euro bringen, sagte Anzengruber: "Sparen hat immer Saison." Der erste Spar-Teil hat auch Reduktionen bei Vorprojekten und Betriebskosten enthalten, auch wurde durch Zusammenlegungen und Fusionen die Komplexität im Konzern reduziert. So gibt es nun die Abteilung "Verbund International" nicht mehr. 2014 sank die Mitarbeiterzahl (durchschnittlicher betriebswirtschaftlicher Personalstand) um 3,2 Prozent von 3.351 auf 3.245.
Für die Endkunden-Strompreise sieht Anzengruber am Markt mittelfristig kein Erhöhungspotenzial, sondern eher eine Stagnation oder vielleicht sogar die Möglichkeit einer Senkung. Das Unternehmen selbst zählte zu Jahresende bereits rund 322.000 Privatkunden und brachte es damit in diesem Stromkunden-Segment auf sieben Prozent Marktanteil. Bei Stromkunden in Industrie und Gewerbe hielt der Verbund zu Jahresende bei rund 20 Prozent Marktanteil.
Die Laufwasserkraft-Erzeugung lag 2014 zwar mit 1,02 leicht über dem langjährigen Schnitt, aber um fünf Prozentpunkte unter 2013. Die thermische Erzeugung halbierte sich auf 2.031 GWh. Aus Wasserkraft stammten 31.188 GWh, rund 92 Prozent der Verbund-Stromproduktion.
Der Investitionsplan für 2015 bis 2017 für die Kernmärkte Österreich und Deutschland wird auf 870 Millionen Euro zusammengestutzt, laut Kollmann um fast eine halbe Milliarde Euro weniger. Vom Gesamtvolumen sollen 430 Millionen auf "Wachstumsinvestitionen" und 440 Millionen Euro auf Instandhaltungen entfallen; der Großteil soll in die Netze (330 Millionen Euro) sowie Kraftwerk-Verbesserungen/Fertigstellungen fließen.
Im thermischen Bereich hat der Verbund voriges Jahr Kraftwerke stillgelegt bzw. abgegeben. Geschlossen wurde in der Steiermark das Ölkraftwerk Neudorf/Werndorf II. Für das Steinkohlekraftwerk Dürnrohr laufen die Schließungsmaßnahmen, da soll es im April mit Ende der Heizperiode aus sein. Die Restrukturierung der Wärmekraft in Österreich bewirke eine Reduktion der Verluste um voraussichtlich rund 50 Millionen Euro im heurigen Jahr 2015, hieß es am Mittwoch.
Gaskraftwerke verkauft
Im Oktober wurden die Verträge zum Verkauf der beiden französischen Gaskraftwerke Pont-sur-Sambre und Toul unterschrieben, wodurch ab heuer keine Verluste mehr anfallen; Closing ist jetzt im 1. Quartal. Fixiert wurde im Vorjahr auch der Ausstieg aus der italienischen Sorgenia, wo sich der Verbund ohne weitere Kosten zurückzieht, Closing im 1. Halbjahr. In Albanien verfügt man über zwei Wasserkraftwerke mit den EVN; technisch ist man damit zufrieden, doch sage der Staat dort, er habe kein Geld, das zu bezahlen, "wir hoffen, dass sich der staatliche Rahmen bessert". Auch der Windpark in Rumänien (200 MW) produziere gut und sei technisch gut, allerdings fehle für die dazugehörige Zertifikatsregelung der Markt.
Das steirische Gas-Kombikraftwerk Mellach will der Verbund einmotten, muss es aber wegen einer von der Energie Steiermark erwirkten einstweiligen Verfügung als zusätzliche Fernwärme-Ausfallsreserve für die Stadt Graz bereit halten (neben dem noch bis 2020 für die Fernwärmelieferung laufenden Steinkohlekraftwerk Mellach). Der Rechtsstreit zur Gaskraftwerks-Reserve vor einem Schiedsgericht wird noch bis zirka Mitte 2016 dauern, schätzte Anzengruber. Zunächst sei zu klären, wer recht habe - der Verbund sieht das 800-MW-Kraftwerk, das noch vorgehalten wird, vertraglich explizit ausgenommen, die Gegenseite nicht. Die zweite Frage seien dann die Kosten, "wenn die Leistung inkludiert ist, dann müssten wir es zahlen".
Weitere Impairments (Wertberichtigungen) sieht Kollmann aktuell nicht. Im Geschäftsbericht 2014 heißt es zu den Effekten aus Werthaltigkeitsprüfungen, dass veränderte wirtschaftlichen Parameter sowie Anpassungen an das gesunkene Zinsniveau zu Wertminderungen von 181,1 Millionen Euro geführt hätten, denen Wertaufholungen von 142 Millionen Euro gegenüberstanden. Dies habe v.a. aus der Wertminderung der Windparks in Rumänien (minus 155,7 Millionen Euro) und Bulgarien (minus 7,1 Millionen Euro) und des Steinkohlekraftwerks Dürnrohr (minus 8,9 Millionen Euro) resultiert. Bei den Wertaufholungen werden einzelne Laufwasserkraftwerke (plus 113,4 Millionen Euro) sowie das Gaskraftwerk Mellach (plus 11,7 Millionen Euro) und die französischen Gaskraftwerke genannt.
Zugunsten der E-Mobilität wünscht sich der Verbund-Chef Anreize wie sie etwa Norwegen oder Berlin setze. Auch könnte man die "Dienstwagen-Steuer" streichen, sofern Fahrzeuge mit Strom betrieben, meinte Anzengruber.
Mit dem Energieeffizienzgesetz, das seit Anfang 2015 gilt, sei man von Anfang an "nicht glücklich" gewesen, nun wisse man aber noch immer nicht, was man als Verbund an Maßnahmen anerkannt bekomme. Dafür wäre es aber Zeit, gab Anzengruber zu verstehen, denn wenn man als Produzent zu wenig eingespart habe (die Hälfte muss von diesen geleistet werden), dann drohe eine Strafzahlung von 200 Euro pro Megawattstunde (MWh), das sei "das Sechsfache des Marktpreises" für Strom.