Auf der weltgrößten Touristikmesse ITB in Berlin legte Österreich heuer einen Werbeschwerpunkt auf Musik – auch weil der Song Contest nach Wien kommt. Ist die Hotelbranche dafür bereits gerüstet?
MICHAELA REITTERER: Absolut. Die Wiener Hotellerie ist dafür bestens gerüstet. Und zur ITB: Der österreichische Stand ist nach wie vor einer der besten und nachgefragtesten in Berlin.
Wenn Sie von aufstrebenden Vermietungsdiensten wie Airbnb sprechen, sprechen Sie gerne von „Shadow Economy“ oder „Milliardenschwarzmärkten“. Heute gibt es nur in Wien mehr als 3000 Airbnb-Vermieter. Allesamt Kriminelle?
REITTERER: Die grundlegende Idee von Airbnb, 9flats und Co. war es, einen Teil der Wohnung mit jemandem zu teilen. Der Geschäftsführer von 9flats hat aber in Berlin selbst zugegeben, dass nur mehr zehn Prozent ihrer Angebote wirklich Sharing-Angebote sind. Den Rest bestreiten Wohnungen, die das ganze Jahr explizit zur Verfügung gestellt werden. Das hat ja längst nichts mehr mit Teilen zu tun.
Airbnb ließ aber dieser Tage wissen, dass in der Stadt Berlin mehr als 75 Prozent aller Airbnb-Angebote für weniger als 60 Tage im Jahr vermietet werden. Widerspricht das nicht Ihrer These?
REITTERER: Nein. Die Apartments stehen ja trotzdem frei. Gleichzeitig bedeutet das übrigens nicht, dass diejenigen die das tun, auch Kleinkriminelle sind.
Also doch kein Schwarzmarkt?
REITTERER: Es geht einfach darum, dass für alle Markteintretenden die gleichen Spielregeln gelten sollten wie für uns. Bei einem erfolgreichen Hotel bleiben am Schluss nach Abzug aller Kosten und Steuern zwei Prozent übrig. Bei Airbnb und allen anderen ist es genau umgekehrt, denen bleiben 98 Prozent übrig. Außerdem muss man sich den veränderten Wohnungsmarkt ansehen. In Venedig wohnt kein Venezianer mehr am Lido. Dort werden alle Wohnungen nur mehr von Airbnb und Konsorten vermietet.
Sie haben jüngst eine Registrierkassenpflicht für derlei Dienste gefordert. Wie seriös ist dieser Wunsch?
REITTERER: Na ja, es war eine Anknüpfung an die Debatte über eine Registrierkassenpflicht für kleine Gewerbetreibende. Wir wollten darauf hinweisen, dass anderswo richtig viel Geld verdient wird und keiner sich Gedanken macht, wie er die Protagonisten dazu bringt, Steuern abzuführen.
Der deutsche Städte- und Gemeindebund sieht Portale wie Airbnb als Komplementärangebote zu etablierten Übernachtungsmöglichkeiten.
REITTERER: Es hat doch immer diese Ferienzimmer gegeben, wo die Leute unten gewohnt haben und das Obergeschoss ausbauten und Räume vermieteten. Sharing hat es in Österreich also schon immer gegeben – aber immer offiziell angemeldet.
Was erwarten Sie sich eigentlich vom 17. März und den Eckpunkten einer Steuerreform?
REITTERER: Das Allerschlimmste wäre die Erhöhung der Mehrwertsteuer, ein Super-GAU für die Branche. Das könnten wir teilweise nicht mehr weitergeben, weil die Verträge mit den ausländischen Veranstaltern für die nächste Saison schon gemacht sind. Zudem ist der Städtetourismus ein sehr sensibles Thema. Gehen die Preise rauf, würden wir in Westösterreich etwa sofort den Vorteil gegenüber der Schweiz verlieren.
Auch eine gewisse Form der Substanzbesteuerung stand zuletzt zur Diskussion.
REITTERER: Für uns in der Hotelerie sind die Substanzsteuern das große Thema. Wenn Steuern auf Betriebsvermögen kommen, ist das sehr gefährlich. Hotels liegen meist in guten Lagen und sind sehr groß – wenn man sie also bewertet, kommt ein hoher Vermögenswert heraus. Was aber nicht bedeutet, dass der Hotelier das Geld für diese Vermögenssteuer auf seinem Sparbuch liegen hat. Er muss es also wo hernehmen und kann es nur bei anderem einsparen. Es würde zu einem unweigerlichen Verlust von Arbeitsplätzen kommen.
INTERVIEW: MARKUS ZOTTLER