Das Kartellgericht hat gegen das 2010 aufgedeckte Speditionskartell Strafen in der Höhe von 17,5 Millionen Euro verhängt, davon entfallen 8,5 Millionen Euro auf die ÖBB-Gütersparte um die Rail Cargo Austria (RCA). Das sagte der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, Theodor Thanner, in einem Interview mit der APA. Die Geldbußen richten sich gegen 30 Speditionsunternehmen.
Der Vorarlberger Logistikkonzern Gebrüder Weiss wurde zu einer Strafe von 5 Millionen Euro verurteilt. Die Geldbußen der ÖBB verteilen sich auf die Rail Cargo Austria AG, die 7,15 Millionen Euro zahlen muss, und die Rail Cargo Logistics-Austria GmbH, die mit 1,3 Millionen Euro büßt.
Gegen zehn der 30 Unternehmen wurden lediglich geringe Geldbußen verhängt, weil sie im Kartell eine untergeordnete Rolle gespielt und mit der BWB kooperiert haben, geht aus einer am Freitag auf der Webseite der Behörde veröffentlichen Mitteilung hervor.
Deutsche Bahn als Kronzeuge
Die Gerichtsentscheidung fiel am 19. Dezember 2014. Die Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig. Straffrei blieb die Deutsche Bahn als Kronzeuge. Sie war mit ihrer Speditionstochter DB Schenker an Bord des Kartells, das bis 2007 die Preise abgesprochen hat. Die Unternehmen hatten dafür ein eigenen Gremium, die "Speditions-Sammelladungs-Konferenz" gegründet.
Ursprünglich wären die Firmen mit einer symbolischen Strafe davon gekommen, weil das Kartellgericht 2011 die Bußgeldanträge der BWB zunächst abgewiesen hatte. Es kam zum Schluss, dass es sich lediglich um ein erlaubtes inländisches Bagatellkartell gehandelt habe. 2013 hatte der EuGH dann aber entschieden, dass das Kartell aber gegen EU-Wettbewerbsregeln verstoßen hat.
Bußgelder lagen 2014 bei fast 25 Millionen
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat damit 2014 knapp 24,9 Millionen Euro an Bußgeldern erwirkt. Mit 17,5 Millionen Euro entfällt dabei der größte Brocken auf das Speditionskartell, gefolgt vom Lebensmittelhandel. Nicht alle Strafen sind rechtskräftig, Spar kündigte an, gegen ihre drei Millionen Euro schwere Strafe zu Preisabsprachen bei Milchprodukten zu berufen.
Aktuell liege der Fokus der Wettbewerbshüter auf Konsumgütern, sagte BWB-Chef Theodor Thanner im Gespräch mit der APA. Wegen der vielen Preiserhöhungen sind auch die drei Mobilfunker A1, T-Mobile und "Drei" im Visier der Behörde. Im Sommer soll die Branchenuntersuchung abgeschlossen sein.
Mit den 24,9 Millionen Euro an Bußgeldern, die 2014 dazugekommen sind, haben sich die gesamten Strafen wegen Preisabsprachen auf rund 145 Millionen Euro erhöht. 2015 könnten die Bußgelder weiter steigen. Allein gegen das Zuckerkartell um Agrana und Südzucker wird für 2015 eine Geldbuße in zweistelliger Millionenhöhe erwartet. Beim Kartellverfahren gegen den Handelsriesen Spar soll ab Februar zu den Preisabsprachen beim Bier verhandelt werden, sagte Thanner.
Die BWB hat im Vorjahr auch 18 Hausdurchsuchungen durchgeführt. 2013 waren es noch knapp 40. Der Rückgang hänge damit zusammen, dass die offenen Verfahren erst abgearbeitet werden mussten, erklärte Thanner. Steigend sei auch die Zahl der Kronzeugen, 2014 gingen zehn Anträge auf Kronzeugen zurück. Aktuell würden in Summe 38 Ermittlungen laufen.
25 Ermittler im Einsatz
Die BWB gibt es seit 2002. Sie zählt mit rund 30 Mitarbeitern, darunter 25 Ermittler, und einem jährlichen Budget von rund zweieinhalb Millionen Euro zu den kleinsten Wettbewerbsbehörden in Europa. Derzeit laufen mit Wirtschafts- und Justizministerium aber Verhandlungen über eine Aufstockung. Thanner wünscht sich doppelt so viel Geld und doppelt so viele Mitarbeiter. Er verwies in dem Zusammenhang auf eine Empfehlung der EU.
Die verhängten Bußgelder fließen derzeit ins Finanzministerium. Thanner hält es für sinnvoll, wenn ein Teil der Gelder zur BWB zurückfließen würde und auch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) davon finanziert werde. Auch könnte man so den Kartellanwalt und die Justiz finanziell stärken. Der VKI sollte mit dem Geld Sammelklagen gegen Kartelle einbringen. Weil für Thanner gibt es hier einen Systemfehler: "Kein Konsument klagt ein Kartell auf Schadenersatz, wenn er für den Käse wegen Preisabsprachen um 10 Cent zu viel gezahlt hat."