Ein optischer Leckerbissen ist es nicht. Und trotzdem ein Blickfang, der dazu angetan ist, den traditionellen Autoherstellern Unbehagen zu bereiten. Bereits seit Jahren ist der Multimedia-Konzern Google auch am Mobilitätssektor höchst aktiv, testet selbstfahrende Fahrzeugkonzepte und hat bereits Hunderttausende Kilometer abgespult. Die Autoindustrie hat man damit schon früher kalt erwischt.
Ende Mai hat Google den Prototyp eines Autos präsentiert, der überhaupt ganz ohne Lenkrad, ohne Gaspedal und ohne Bremse - also tatsächlich völlig autonom - fahren kann. Auch wenn das kugelförmige Gefährt eher an ein Spielzeugauto erinnert, hielt sich der Spott in Grenzen. In der Autoindustrie weiß man mittlerweile, dass man Google nicht unterschätzen sollte.
Was einst in Science-Fiction-Filmen zum Grundinventar zählte, könnte früher Realität werden als noch vor wenigen Jahren angenommen. Technisch gesehen ist das selbstfahrende Auto "keine Utopie" mehr, betont auch Bernd Pischetsrieder. Der frühere BMW- und VW-Chef, der mittlerweile im Aufsichtsrat von Daimler sitzt, sagt zwar, dass noch nicht alle Probleme gelöst sind. Doch sie erscheinen lösbar.
"Der kommende Umbruch ist vergleichbar mit dem Übergang vom Pferdeantrieb zum motorgetriebenen Fahrzeug", hieß es unlängst seitens der Unternehmensberatung Arthur D. Little.
Der Trend zur zunehmenden Vernetzung von Autos hält ohnehin an, die Hightech-Sensoren werden immer ausgereifter. Wenn es um multimediale Bordcomputer geht, haben Allianzen zwischen traditionellen Autoherstellern und Konzernen wie Google und Apple schon Hochkonjunktur.
Vielversprechende Tests
Google wäre auch beim selbstfahrenden Auto einer Partnerschaft nicht abgeneigt. Doch die Hersteller halten sich zurück. Sie haben mittlerweile selbst ehrgeizige Pläne in diesem Bereich entwickelt.
So arbeiten u. a. BMW, Daimler, Audi, Nissan, Renault, Ford, Toyota und Volvo intensiv an derartigen Projekten. Volvo will bereits 2017 rund 100 selbstfahrende Autos auf die Straßen von Göteborg bringen. Die meisten anderen Hersteller halten sich mit exakten Ankündigungen eher zurück. Allgemein wird immer wieder das Jahr 2020 als realistisch gewertet.
Testfahrten stehen jedenfalls schon jetzt auf der Tagesordnung. Besonders viel Aufmerksamkeit wurde zuletzt Daimler zuteil. Mit einer voll automatisierten Mercedes S-Klasse und einer Ausnahmegenehmigung wurde die rund 100 Kilometer lange Strecke zwischen Mannheim und Pforzheim zurückgelegt. Dank Sensoren, Radar und Kameras - und ständiger Echtzeit-Datenverarbeitung - umschiffte die Limousine, gelenkt "von Geisterhand", sämtliche Hindernisse. Lediglich für den Notfall saß jemand am Fahrersitz, jedoch ohne einzugreifen. Im Google-Prototyp ist nur mehr ein großer Notfall-Schalter integriert, der das Auto umgehend zum Stehen bringt.
Gesetzesbremse gelockert
Eine Hürde wurde ebenfalls im Mai geebnet. Ein Expertenausschuss der UNO hat die Wiener Konvention für den Straßenverkehr ergänzt. Mit dieser Änderung ist zumindest die Basis gelegt, dass autonomes Fahren legal wird. Diese Konvention von 1968, mit der Straßenverkehrsregeln weltweit vereinheitlicht werden, stand bis dato der neuen Technik entgegen. Bisher hieß es nämlich: Jeder Führer muss dauernd sein Fahrzeug beherrschen. Jetzt wurde festgelegt, dass Systeme zum automatisierten Fahren dann zulässig sind, wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können.
Ein weiterer Schritt wurde also getan. Viele weitere, vielfach weitaus komplexere müssen aber folgen. Es geht um anspruchsvolle Fragestellungen: Wer haftet eigentlich, wenn nun plötzlich Software-Fehler zu Unfällen führen? Was passiert, wenn Kriminelle die vernetzten Bordcomputer hacken? Noch ist man hier von Lösungen weit entfernt.
Einzelne Anwendungen werden aber schon in absehbarer Zeit auf den Markt kommen. Bereits jetzt schon relativ weit verbreitet sind völlig automatisierte Einparksysteme. Auch Funktionen wie das Fahren im Geleitzug durch einen Stau, die es ermöglichen, dass man als Fahrer die Hände vom Steuer nehmen und lesen kann, oder auch automatisches Überholen werden bereits intensiv getestet.