Fast vier Jahre, nachdem die Rekordkaution zur Entlassung des Bankers Julius Meinl aus der Untersuchungshaft gestellt worden war, hat nun das Oberlandesgericht (OLG) Wien die Kaution von 100 auf 10 Mio. Euro herabgesetzt. 90 Mio. Euro werden verzinst an den Kautionsgeber, die Liechtensteiner Centrum Bank, zurückerstattet. Den dringenden Tatverdacht und die Fluchtgefahr bejahe auch das Oberlandesgericht, doch sei die Kaution zu hoch, heißt es in einer Aussendung des OLG am Dienstag. Meinl werden Anlegerbetrug und Untreue in der Affäre um Meinl European Land (MEL, nun Atrium) vorgeworfen, er weist alle Vorwürfe zurück.
Gegen Zahlung der Kaution war Meinl nach zwei Nächten im Gefängnis Anfang April 2009 wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die U-Haft war wegen Fluchtgefahr verhängt worden. Die Kaution war die höchste, die je in Österreich gezahlt worden war. Die 90 Mio. Euro werden verzinst zurückgegeben. Dies bestätigte Meinl-Anwalt Herbert Eichenseder der APA. Der Betrag war auf einem Sparbuch bei der BAWAG deponiert und müsse nun mit einem Zinssatz von "knapp unter 1,8 Prozent" an den Kautionsgeber zurückgezahlt werden. Wer letztlich im April 2009 die Kaution für Meinl bezahlt hatte, steht nicht fest. Die Kaution sei "von einem unabhängigen Dritten" gekommen, die Meinl Bank wisse nicht von wem, so der Sprecher der Meinl Bank gegenüber der APA.
"Mit der Rückerstattung des größten Teils der Kaution wurde das aus dem Ruder gelaufene MEL-Verfahren erstmals in einem wichtigen Punkt korrigiert", kommentiert Meinl-Bank-Direktor Peter Weinzierl in einer Aussendung die Entscheidung. Es sei ein erstes Signal zur Herstellung der Rechtsstaatlichkeit, heißt es in der Meinl-Bank-Aussendung. Die Entscheidung des OLG Wien sei "ein wichtiges Signal der unabhängigen Justiz". Es sei im Sinne des Rechtsstaates, wenn "die fortgesetzte, massive Vorverurteilung der Person Meinls, Organen der Bank und des gesamten Bankinstituts und seiner Mitarbeiter" nun endlich eingedämmt werde, so Weinzierl.
Der zuständige OLG-Senat erläutert in seinem Beschluss die Kriterien der Kautionshöhe: Die Kaution richte sich nur nach dem Sicherungszweck, also der Sicherstellung der Teilnahme des Beschuldigten am Prozess. Sie sei nich nach der Schadenshöhe des Schadens auszurichten, der durch eine Straftat entstanden ist. "Demzufolge verlangt das Gesetz eine Orientierung am Gewicht der dem Beschuldigten angelasteten Straftat, seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie am Vermögen der die Sicherheit leistenden Person."
Weiters wird auf die bisherige Dauer des Ermittlungsverfahrens verwiesen. Auch dies erfordere die Reduktion der Kaution. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe bei einem mutmaßlichen Umweltschaden von 1 Milliarde Dollar eine Kaution in Höhe von 3 Mio. Euro als hoch aber gerechtfertigt angesehen. "Der mehr als dreiunddreißigfache Betrag einer vom EMGR bereits als "hoch" bezeichneten Sicherheitsleistung erscheint als nicht (mehr) gerechtfertigt. Ausgehend von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers kann seinem Fluchtanreiz auch durch die Festsetzung einer Kaution in Höhe von 10,000.000 Euro Einhalt geboten werden."