Am Vorabend des angekündigten Antrags auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Motorradherstellers KTM hat sich AMS-Chef Johannes Kopf in der ZiB2 mit durchaus drastischen Worten zur aktuellen Lage in der österreichischen Industrie geäußert. „Ich habe heute leider keine guten Nachrichten, ich mache mir selbst Sorgen“, so der erfahrene und langjährige Vorstand des Arbeitsmarktservice. Die Zuspitzung der Lage bei KTM sei für ihn und das AMS „absolut nicht absehbar gewesen“, verweist er auf die Zahlen, die noch Anfang des Jahres vom Unternehmen veröffentlicht wurden. „Auch viele Beschäftigte verstehen nicht, was da los ist.“ KTM sei ein ganz bedeutender Betrieb für die Region – das betreffe auch Zulieferer bis hin zum kleinen Bäcker oder Handwerker, es gehe um Tausende Beschäftigte. Kopf: „Das ist ein großer Schlag.“ Es werde sich nun zeigen, wie viele Beschäftigte konkret von der Insolvenz betroffen sein werden, „das ist auch ein großes Thema für das AMS selbst“. Es werde hoffentlich dennoch gelingen, betroffene Mitarbeiter wieder in neue Arbeitsstellen zu vermitteln, man werde wohl auch über eine Insolvenzstiftung für Betroffene nachdenken müssen. Es sei aber wohl auch davon auszugehen, „dass wir noch einige schlechte Nachrichten von großen österreichischen Industrieunternehmen hören werden“, so Kopf.

In einer Woche, in der neben der KTM-Insolvenz auch die Schließungen des Schaeffler-Werks in Berndorf sowie eines Siemens-Standorts in Wien bekannt gegeben wurden, werde deutlich, dass Europas Industrie an einem Wendepunkt stehe, das zeigen auch die negativen Nachrichten aus Deutschland. Österreichs Industrieunternehmen beschäftigen 600.000 Menschen, „wir sind ein Industrieland und da hängen noch viele andere Branchen dran“. Es sei davon auszugehen, „dass wir noch einige schlechte Nachrichten von großen österreichischen Industrieunternehmen hören werden“.

„Sehr, sehr schwierige Aufgabe für neue Bundesregierung“

Kopfs Ausblick fällt mit Blick auf die Konjunkturprognosen unerfreulich aus. Für Österreich gehen die Wirtschaftsforscher 2025 von rund einem Prozent Wachstum aus, in Deutschland wurden die Erwartungen auf plus 0,4 bzw. plus 0,1 Prozent heruntergeschraubt. Man müsse „offen sagen, dass auch 2025 droht, dass es kein Wachstum gibt, vielleicht sogar wieder eine Rezession“, so Kopf. „Diese Gefahr besteht und das wären wirklich sehr schlechte Nachrichten.“ Auch für den Arbeitsmarkt. Daher stehe auch eine neue Bundesregierung in Österreich vor einer „sehr, sehr schwierigen Aufgabe“. Denn zum einen müsse das Budget konsolidiert werden, zum anderen dürfe man in dieser Wirtschaftslage „nicht zu viel sparen“. Investitionen in Bildung, Forschung, aber eben auch den Arbeitsmarkt seien wichtig.

Wirtschaftsminister: „Ich erwarte mir von KTM klare Antworten“

Auch Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat sich am Donnerstag in der Causa KTM, die zunehmend auch zu einem Politikum wird, zu Wort gemeldet. Für ihn sei die wirtschaftliche Situation des Motorradherstellers jedenfalls nicht nachvollziehbar: „Ich erwarte mir von KTM klare Antworten, wie es passieren konnte, dass es von einer guten Ertragslage und guten Aussichten zu einem Sanierungsverfahren kommt“, kritisierte Kocher.

KTM bringt am Freitag beim Landesgericht Ried im Innkreis aller Voraussicht nach den Antrag ein. Dieser umfasst auch die Töchter KTM Components GmbH sowie KTM F&E GmbH. Mit einer „Redimensionierung“ hofft man den Bestand der KTM-Gruppe zu sichern. Laut Arbeiterkammer sind rund 3400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen, die um ihre Jobs und um ihre Gehälter bangen.

Das Unternehmen hatte angekündigt, die Dezembergehälter frühzeitig, nämlich bereits nächste Woche, auszubezahlen. Laut Arbeiterkammer Oberösterreich kann die Pierer-Mobility-Tochter die Löhne und Gehälter für November sowie die Weihnachtsgelder aber nicht mehr bezahlen. Der Finanzierungsbedarf der Pierer-Mobility-Tochter KTM AG beläuft sich nach Firmenangaben aktuell „auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag“. Alle sonstigen Tochtergesellschaften der KTM AG, etwa die Vertriebsgesellschaften, sind laut KTM AG nicht betroffen.