Im Stahlkonzern Voestalpine stellt sich die Führungsspitze bereits auf höhere Barrieren im globalen Handel ein. Der Fokus werde jetzt noch stärker als bisher darauf gelegt, lokal und nahe am Kunden zu produzieren, kündigt Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner an. Da gebe es „Nachholbedarf“, so Eibensteiner am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Man werde auf das veränderte Umfeld im globalen Handel mit verstärkter Industrialisierung reagieren.

Vor allem in den USA wollen die Linzer noch präsenter werden. China ausgenommen, gibt es auch Expansionspläne für Asien. Europa bleibe aber der größte Markt der Voestalpine, versichert Eibensteiner. In welcher Größenordnung und in welchem Zeitrahmen dieser weitere Internationalisierungsschub passieren soll, sagt der Spitzenmanager nicht. Aktuell hat die Voestalpine 49 Werke in den USA, das jüngste ist eine eigene Fertigung für Hochregallager.

Von der neuen EU-Kommission erwartet der Voestalpine-Chef den Abschluss internationaler Handelsabkommen, um die europäischen Interessen zu wahren. Eibensteiner: „Wenn Europa sich vertraglich keine Freunde schafft, wird es schwierig.“ Europa sei der Voestalpine-Markt mit dem schwächsten Wachstum. Wenn die Kommission jetzt den neuen Clean Industrial Deal aushandle, bei dem Produzenten besser geschützt werden sollen, sei es enorm wichtig, dass rasch auch eine österreichische Regierung dabei sei. Eibensteiner hofft zudem, dass sich eine neue österreichische Regierung „ausreichend mit Experten versorgt“. Er betont: „Die Regierung darf sich Gedanken machen, welche Aktivitäten Inflationstreiber sind.“

Konzern „robust aufgestellt“

Die Voestalpine selbst sieht Eibensteiner so robust aufgestellt, dass der Konzern gut durch die Krise kommen werde – auch wenn sich eine baldige Erholung nicht abzeichne. Zuletzt hatte der Stahlkonzern allerdings eine Reihe starker Einschnitte in Deutschland und auch deutlich schlechtere Zahlen zum Halbjahr gemeldet. Die Internationalisierung sei ein sehr stabilisierender Faktor. „Wir konzentrieren uns auf die Spezialanwendungen. Bei Commodities mitzuspielen, das haben wir Gott sei Dank schon vor vielen Jahren aufgegeben“, erklärt der Voestalpine-Chef.

Am Plan, die Stahlproduktion im Konzern etappenweise zu dekarbonisieren, rüttelt der Vorstand nicht. 2027 wollen die Linzer den ersten grünen Stahl produzieren. 1,5 Milliarden Euro nimmt der Konzern für die neue Stahlherstellung in Elektrolichtbogenöfen in Linz und Donawitz in die Hand. Die Bauarbeiten laufen. „Da sind wir zeitlich und budgetär voll im Plan,“ so Eibensteiner. Für die nächste Etappe ab 2030 passten die Rahmenbedingungen aber noch nicht. Konkret gehe es um Leitungsinfrastruktur für Wasserstoff und der enorme zusätzliche Strombedarf brauche mehr Erzeugungskapazität, Speicher und Netzausbau.