Mit einem Plädoyer dafür, „auch unangenehme Dinge offen anzusprechen“, fordern die Präsidenten der steirischen Industriellenvereinigung (IV) und der Wirtschaftskammer (WK), Kurt Maier und Josef Herk, in Hinblick auf eine neue Landesregierung eine „Standortpartnerschaft“. Wie auch immer sich die neue Regierung zusammensetzt, es gehe nun darum, dass man standortpolitisch vor dem Hintergrund der massiven wirtschaftlichen Verwerfungen „keine Zeit mehr zum Zögern hat, es ist fünf nach zwölf“, so Herk.

Denn neben der globalen Großwetterlage und Themen, die auf EU- oder Bundesebene entschieden werden, gebe es auch Bereiche, die auf Landesebene gelenkt werden können, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erhöhen und Arbeitsplätze zu sichern. Insbesondere im Verwaltungsbereich gelte es, „bürokratische Leistungshemmer“ abzubauen, so Herk.

Oberösterreichisches Pilotprojekt

Maier fordert, dass die viel zu langen Verfahrensdauern durch mehr Digitalisierung beschleunigt werden und verweist auf ein Pilotprojekt in Oberösterreich, „wo auf einer digitalen Plattform Verfahren gebündelt, Echtzeitkommunikation mit allen Beteiligten zulässt und an alle öffentlichen Register angedockt werden kann“. Ein modernes, effizientes System für Genehmigungen brauche es auch in der Steiermark. Der steirische Schuldenberg, der mit Jahresende rund sechs Milliarden Euro erreichen wird, mache „Einsparungen und Effizienzsteigerungen“ unausweichlich, so Maier, die Steiermark sollte hier in Richtung Bund eine „ambitionierte Föderalismusreform anregen“. Es gehe darum, „alles anzuschauen, alles umzudrehen“.

Herk sieht die Steiermark auch bei den Finanzausgleichsmitteln des Bundes „nicht unbedingt bevorteilt“, hier gelte es seitens einer neuen Landesregierung die Stimme zu erheben. Nach dem Vorbild von Kärnten wären auch in der Steiermark vierteljährliche gemeinsame Arbeitsregierungssitzungen von Landesregierung und Sozialpartnern wünschenswert.

Wirtschaftskammer: Städtefusionen andenken

Für die Steiermark sieht Herk, wie berichtet, die Zeit für eine „Gemeindestrukturreform 2.0“ gekommen. Dabei sollten diesmal bei Kooperationen und Fusionen die Städte in den Fokus rücken, um alternative Ballungsräume zu Graz zu schaffen und so auch Synergien zu heben. Er nennt beispielsweise das Aichfeld mit Judenburg, Zeltweg und Knittelfeld aber auch Voitsberg und Köflach in der Weststeiermark sowie Leoben, Bruck/Mur und Kapfenberg. In der neuen Landesregierung, so eine gemeinsame Forderung, müssten die Ressorts Wirtschaft und Arbeit zusammengelegt werden. Gefordert wird auch eine Neuaufstellung des Arbeitsmarktpolitischen Beirats des Landes und von den bestehenden Mitteln mehr für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.

Obmann-Debatte in der ÖVP: „Alles hinterfragen“

Wie sieht Wirtschaftsbund-Obmann Herk die Obmann-Debatte rund um Christopher Drexler in der steirischen Volkspartei? Es sei normal, das gelte für Unternehmen wie Politik, dass wenn die Geschäfte nicht laufen, alles zu hinterfragen sei, hier dürfe man „nicht blauäugig durch die Welt gehen, so selbstkritisch müssen wir schon sein, wir müssen über alles reden“.

Wie berichtet, hatte Herk bereits am Montag intern eine Nachricht an den inneren Kreis des Wirtschaftsbunds verschickt. Inhalt: Man habe Drexler nur grünes Licht für die Verhandlung gegeben. „Danach brauchen wir eine organisatorische und personelle Neuaufstellung.“

Maier will die Personaldebatte mit Verweis auf die parteiunabhängige Industriellenvereinigung indes nicht kommentieren. Sobald die neue Landesregierung stehe wolle man die bereits vor der Wahl ausgearbeiteten Standortkonzepte und Forderungspapiere übergehen und den Schulterschluss suchen. Es gehe nicht darum „alles krankzureden“, so Maier. Man wolle vielmehr aufzeigen, dass es Möglichkeiten gibt, sich aus dieser schwierigen Situation herauszubewegen, „es gibt immer einen Weg, das kann auch Zuversicht schaffen“.