In den 1990er Jahren kam das Geschäftsmodell des Energie-Contractings aus den USA erstmals nach Europa: Der Contractor plant, finanziert, errichtet und betreibt eine Anlage zur Energieerzeugung für den Kunden für eine im Voraus definierte Laufzeit. Sein Vorteil: eine planbare Kundenbeziehung und regelmäßige Zahlungen. Der Kunde wiederum zahlt nichts für die Errichtung der Anlage, sondern nur die benötigte Leistung zu einem Fixpreis - und reduziert dadurch seine Energiekosten. Ähnlich wie beim Leasing.
Ein solches Modell praktiziert der Metallsulfid-Hersteller Tribotecc aus Arnoldstein ab sofort mit der Kelag Energie & Wärme (KEW) als Contractor. Auf einer bisher ungenutzten Hallendachfläche von 4500 Quadratmetern hat die KEW knapp 2000 Solarmodule mit einer Leistung von 850 Kilowatt-Peak installiert, was - wenn die Sonne scheint - dem Output von 300 privaten PV-Dächern entspricht. Das Investment für den Bau, der 2025 noch auf 1000 Kilowatt-Peak erweitert wird, macht rund eine Million Euro aus, gespeist auch mit Landes-Förderungen.
„Wir brauchen für die Produktion im Jahr je nach Auslastung vier bis sieben Gigawattstunden. Strom ist unser größter Kostenfaktor. Das Projekt macht für uns die Preise kalkulierbar“, verraten die Tribotecc-Geschäftsführer Georg Bouvier und Stefan Greimel. 16.000 Tonnen CO2 werden gespart. „Die Module decken einen erheblichen Teil des Tribotecc-Energiebedarfs ab. Ihre West-Ost-Ausrichtung ermöglicht eine effiziente Produktion auch zu Tagesrandzeiten“, sagt KEW-Geschäftsführer Adolf Melcher. Der Contracting-Vertrag läuft laut seinem Geschäftsführer-Kollegen Christoph Herzeg (der vor 2019 in der Tribotecc-Geschäftsführung war) aus betriebswirtschaftlichen Gründen 18 Jahre, obwohl die Anlage eine längere Lebensdauer hat.
Wurzeln in der Bleiberger Bergwerksunion
Tribotecc, hervorgegangen aus der Bleiberger Bergwerksunion und seit 2016 Tochterunternehmen der Treibacher Industrie AG, produziert im Industriepark Euro Nova in Arnoldstein mit Blick auf den Dobratsch im Drei-Schicht-Betrieb von Montag bis Freitag, zum Teil wird aber auch vier-schichtig an sieben Tagen gearbeitet. 6000 bis 8000 Tonnen Fertigprodukte werden im Jahr hergestellt und in die ganze Welt geliefert. Knapp 80 Mitarbeiter sind beschäftigt. Zählt man die Büros in Wien und Shanghai dazu, sind es 96 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz beträgt 80 bis 100 Millionen Euro.
Weltmarktführer bei Metallsulfiden
Die synthetischen Herstellungsprozesse bedingen einen hohen Energiebedarf. Es geht es im Prinzip um das Schmelzen bzw. Verdünnen von chemischen Elementen. Beispielsweise werden pro Tag 20 Tonnen Zinn verarbeitet, das Tribotecc unter anderem aus Malaysia und Indonesien bezieht. Bei innovativen Metallsulfiden ist Tribotecc Weltmarktführer. Die pulverförmigen Verbindungen von Metallen wie Titan, Eisen, oder Kupfer mit Schwefel werden für Schmiermittel, Kunststoffe, Schleifmittel und Batterien gebraucht, vor allem aber für Brems- und Kupplungsbeläge, weil sie den Reibungskoeffizienten stabilisieren und dadurch die Haltbarkeit von Bremsbelägen und -scheiben verlängern. Tribologie bedeutet auf Griechisch Reibungslehre.
„Tribotecc ist in allen Autos“
„Egal, welches Auto man fährt: Sie können davon ausgehen, dass auch in Ihren Bremsbelägen zwei bis vier Prozent Additive von Tribotecc drin sind“, sagt Betriebsleiter Andreas Legner auf einer Führung durch die Produktionshallen, in denen Millionenwerte an Vorprodukten, Maschinen und Roboter stehen. Hauptmärkte sind Europa, Asien und die USA, wobei „die Nachfrage in Europa sich derzeit etwas eintrübt“, gesteht Bouvier.