Der zum Jahreswechsel zu erwartende massive Preisschub bei Strom und Gas könnte noch gemildert werden, wenn einige der auslaufenden Kostendämpfungsmaßnahmen doch in die Verlängerung gingen. Wie ausführlich berichtet, kommen auf die Kunden hohe Mehrbelastungen zu, die sich auf Hunderte Euro belaufen können. Sie ergeben sich aus einem ganzen „Cocktail“: Einerseits steigen die Tarife für die Nutzung der Strom- und Gasnetze erheblich. Hier ist es die E-Control selbst, die den Energieunternehmen deutlich höhere Tarife auferlegt. Einige Netzbetreiber haben die Bescheide der E-Control bereits angefochten.

Mit Jahresbeginn soll zudem die Stromkostenbremse auslaufen. E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch kann sich zwar keine Verlängerung der Stromkostenbremse vorstellen, aber die weitere Aussetzung der Erneuerbaren-Förderungen oder der Elektrizitätsabgabe seien möglich und „vertretbar“ und im Gegensatz zur Stromkostenbremse auch wettbewerbsneutral. Bei der ebenfalls temporär gesenkten Erdgasabgabe spricht sich Urbantschitsch im Sinne der Leistbarkeit ebenfalls für eine Verlängerung aus.

„Da spielen sich Dramen ab“

Gleichzeitig appelliert der E-Control-Chef neuerlich an die Versorger, Rechnungen monatlich auszustellen. Kunden sollten ihre Tarife überprüfen und gegebenenfalls zum günstigen Anbieter wechseln, so Urbantschitsch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Bei der nur einmal jährlichen Abrechnung seien Kunden üblicherweise völlig desorientiert. Oft könne die E-Control verzweifelten Menschen, die binnen Jahresfrist teilweise Tausende Euro mehr zahlen müssten, kaum helfen. „Da spielen sich Dramen ab“, so Urbantschitsch. Typischerweise gehe es um Mehrverbrauch oder Preiserhöhungen – auch nach Rabatten – die der Verbraucher schlicht nicht mitbekommen habe. Bei monatlicher Abrechnung könnten die Kunden einfach schneller auf eine Fehlentwicklung reagieren.

Die Grünen und die FPÖ hatten sich bereits zu Beginn der Woche dafür ausgesprochen, die Elektrizitätsabgabe weiter zu streichen und die Erneuerbaren-Abgaben beim EU-rechtlichen Minimum zu belassen. Bei der Erdgasabgabe sind die Grünen gegen eine Verlängerung der Reduktion. Unklar sind derzeit allerdings noch die Positionen von ÖVP, SPÖ und Neos, sie müssten in den Koalitionsverhandlungen gleich eine Gegenfinanzierung für hunderte Millionen Euro finden.

Urbantschitsch schlägt vor, Besitzer von Fotovoltaikanlagen bei den Netzgebühren künftig stärker zur Kasse zu bitten. Insbesondere der PV-Boom hat die Erhöhung der Netztarife überhaupt erst erforderlich gemacht. Denn der Strombezug aus dem Netz ist dadurch gesunken - von 2022 auf 2023 um vier Prozent - und die Netzkosten müssen jetzt auf weniger Abnehmer verteilt werden. Generell im Vorteil sind PV-Stromproduzenten in Energiegemeinschaften, die um 40 Prozent reduzierte Netztarife genießen. Dabei solle es auch bleiben, sagt der E-Control-Chef.

„Versorgungssituation ist völlig unbeeinträchtigt“

Beruhigende Nachrichten kommen von der E-Control auch weiterhin in Bezug auf die nicht vollständig klare Situation rund um russische Gaslieferungen nach Österreich. Die Gasmenge, die am Übernahmepunkt in Baumgarten an der March anlangt, beträgt rund 85 Prozent der sonst üblichen Mengen. „Die Versorgungssituation ist völlig unbeeinträchtigt“, so Urbantschitsch. Die Gasmengen würden derzeit gleich vom Markt aufgenommen. Der E-Control zufolge fließen sie nicht in die Speicher, „denn aus denen wird derzeit ausgespeichert“, erklärt Urbantschitsch. Angesichts der kälteren Witterung liefen derzeit auch die Gaskraftwerke.

Der Informationsfluss von der OMV zur E-Control dürfte indes minimal sein. Urbantschitsch wörtlich: „Ich kann Ihnen nicht einmal sagen, was mit dem Vertrag jetzt ist.“ Die teilstaatliche OMV hing oder hängt bisher in einem Liefervertrag bis 2040 fest. Experten werten die erfolgreiche Schadenersatzklage der OMV gegen den Lieferanten Gazprom und den dann in der Vorwoche angekündigten Lieferstopp als Ende dieser Ära. Zu Details schweigt sich der Konzern allerdings aus. Von einer neuen Regierung erwartet Urbantschitsch als Energie-Marktregulator, dass der Staat künftig klare gesetzliche Vorgaben macht, wie die Versorgungssicherheit darzustellen ist. Einen entsprechenden Ordnungsrahmen zu schaffen, habe man bei den Teilprivatisierungschritten der OMV verabsäumt, gleichzeitig aber mit den politisch unterstützten Vertragsverlängerungen eine hohe Abhängigkeit geschaffen.