Immer wieder wird behauptet, nur beim Kauf eines Gebrauchtwagens vom Händler gäbe es eine Gewährleistung für den Käufer, nicht aber beim Kauf von einer Privatperson. „Ist das richtig?“ haben wir den ÖAMTC-Juristen Nikolaus Authried gefragt und: „Welche Rechte hat man als Gebrauchtwagenkäufer im Detail?“ Ein kleiner Faktencheck für alle, die beim Autokauf auf Nummer sicher gehen wollen.
Kauf vom Unternehmer
Mit Jänner 2022 wurde das Verbrauchergewährleistungsrecht zugunsten der Verbraucher geändert. Die sogenannte Beweislastumkehr gilt seither nicht ein halbes, sondern ein ganzes Jahr. Tritt ein Mangel bei dem Fahrzeug innerhalb dieser Frist auf, gilt er als zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs bereits vorhanden. Kann der Verkäufer nicht das Gegenteil beweisen, ist er gewährleistungspflichtig, haftet also für den Mangel. „Wesentlich ist, dass der Unternehmer die Gewährleistung gegenüber dem Verbraucher nicht ausschließen kann – er kann sie nur einschränken: von zwei Jahren auf ein Jahr, wenn der Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung länger als ein Jahr zurückliegt“, sagt Authried. Es gebe nur insofern die Möglichkeit, die Gewährleistung ein wenig einzuschränken, als die Mängel der Kaufsache im Vertrag aufgelistet werden. „Wenn man sagt, das Auto hat diesen oder jenen Mangel, kann nachher nicht Gewährleistung dafür eingefordert werden.“ Einschränkungen wie „Gewährleistung nur auf Motor und Getriebe“ seien hingegen rechtlich unzulässig.
„Fahrbereit mit diversen Mängeln“
Nach Authrieds Erfahrung wird beim Kauf vom Unternehmer häufig nicht auf die Zustandsklasse des Fahrzeugs geachtet, die der Verkäufer angekreuzt hat. „Nicht alle Unternehmen machen diese Angaben, aber doch viele.“ Klasse 3 etwa bedeute „fahrbereit mit diversen Mängeln“. Ob ein später auftretender Mangel darunterfällt oder so gravierend ist, dass er auch bei Zustandsklasse drei nicht darunterfällt, entwickle sich häufig zum Streitfall.
Ein Vorteil für Käufer: Gemäß einem OGH-Urteil gilt bei einem Fahrzeugkauf vom Unternehmer die Verkehrs- und Betriebssicherheit als schlüssig zugesichert, Käufer können also davon ausgehen, dass das Auto ein Pickerl bekommt. „Es sei denn, es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dem nicht so ist oder dies geht schon aus der Zustandsbeschreibung klar hervor“, sagt Authried und ergänzt: „Der Zustand, der vorausgesetzt werden kann oder zugesichert wird, muss mit dem Preis in einer bestimmten Relation stehen.“ Aber dazu kommen wir später noch.
Privatkauf
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch regelt, dass es auch bei Geschäften unter Privatleuten grundsätzlich Gewährleistung dafür gibt, dass ein Fahrzeug die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften erfüllt. „Der private Verkäufer kann die Gewährleistung aber ausschließen, wenn er dies ausdrücklich tut“, erklärt Authried. Selbst bei einem ausdrücklichen Ausschluss der Gewährleistung , haben Verkäufer freilich für gemachte Zusagen einzustehen. „Versprechungen sind einzuhalten.“
Der zweite wichtige Punkt: „Auch die Irrtumsanfechtung darf ein Privater von vornherein ausschließen.“ Irrtum meint, dass einer der Vertragspartner, meist der Käufer, falschen Vorstellungen von der Verkaufssache unterliegt – etwa durch Äußerungen, die der Verkäufer (auch ohne böse Absicht) gemacht hat. „Je nachdem, wie gravierend der falsche Eindruck ist, kann man den Kaufpreis anpassen oder überhaupt den Verkauf rückabwickeln“, erklärt Authried die Irrtumsanfechtung, die man bei Privat an Privat ausschließen kann, wenn man dies ausdrücklich tut. „Ein Unternehmer darf das nicht.“ Und: Die Grenze ist jedenfalls bei Arglist zu setzen: frisch aufgetragener Lack und Unterbodenschutz, um den ganzen Rost zu verstecken wäre ein Beispiel dafür.
Liebhaberpreise?
Verkürzung um die Hälfte ist in jenen Fällen gegeben, in denen eine Kaufsache weniger als die Hälfte der bezahlten Summe wert ist. Wegen Verkürzung um die Hälfte wäre jeder Kaufvertrag anfechtbar, wie Authried betont – außer jemand war bereit, einen Liebhaberpreis für etwas zu bezahlen, das er unbedingt haben wollte, beispielsweise ein Automodell, das schon der eigene Großvater fuhr.
Vor dem Kauf
Fragt man Authried nach den besten Vorsorgemaßnahmen, um späteren Ärger mit dem gekauften Fahrzeug zu vermeiden, nennt er unter anderem einen professionellen Kaufvertrag. „Im Netz gibt es unendlich viele Vordrucke, die aber meistens schlecht sind. Der ÖAMTC bietet ein Gratisformular, das fast jedes Jahr an diverse Wahrnehmungen angepasst wird, etwa wenn man feststellt, dass eine Formulierung nicht ganz treffend ist, oder man neue Judikatur einfließen lässt.“ Mittlerweile gäbe es auch einen neuen Kaufvertrag für Elektro-Autos, bei denen durch diverse Förderungen eventuell bestimmte Behaltefristen zu berücksichtigen sind und die Akkus entweder gemietet oder gekauft sind.
Ein Tipp für jene, die einen Wagen auf einer Plattform wie willhaben.at finden: „Machen Sie einen Screenshot von der Anzeige, weil hier oft schon Zusagen enthalten sind, die später für die Auslegung des Vertrages wichtig sein können.“ Außerdem: Vor dem Kauf unbedingt eine Ankaufüberprüfung in einer geeigneten Werkstatt bzw. bei einem Automobilclub machen lassen und alle Zusagen des Verkäufers schriftlich dokumentieren.
In der Praxis sollte man auch nicht allzu sehr auf ein „mehr oder minder gültiges Pickerl“ vertrauen, das mit dem Fahrzeug mitübergeben wird, nach dem Motto: „Vor einem halben Jahr war alles tipptopp.“ Macht sich nach dem Kauf ein schwerer Mangel bemerkbar, stellt man mitunter fest, dass es sich um ein Gefälligkeitsgutachten eines Freundes des Verkäufers handelt, weiß Authried aus der Beratungspraxis. Der Verdacht, dass man betrogen wurde, liege dann zwar nahe, sei in der Praxis aber oft nur mühsam beweisbar.