Mit einer Bürgschaft meint man die Haftung bzw. Besicherung für eine fremde Schuld. Nach Erfahrung von Vertreterinnen diverser Frauenberatungsstellen tappen Frauen nach wie vor häufig in die Schuldenfalle, indem sie unbedacht Bürgschaftsverträge für ihre Partner unterschreiben. „Was sollte man über die Haftung für Kredite wissen, um nicht plötzlich für die Schulden eines anderen gerade stehen zu müssen?“ haben wir den Rechtsanwalt Harald Christandl gefragt. Ein Überblick über die wichtigsten Fakten zum Thema.
Bei Trennung keine Sippenhaftung
„Eine Familienzugehörigkeit – egal ob Gattin, Kind oder Elternteil – begründet keine automatische Haftung für einen Kredit“, sagt der Anwalt. Auch als Erbe besteht für die Verbindlichkeiten eines verstorbenen Familienmitgliedes keine automatische Haftung. Mit einer sogenannten bedingten Erbantrittserklärung beim Notar stellt man sicher, dass man nur ein etwaiges Plus erhält.
Realsicherheiten
Kreditgeber bemühen sich zur Absicherung einer Forderung oftmals um Realsicherheiten. Wie der Name schon sagt, geht es hier um reale Dinge wie Liegenschaften, Wertpapierdepots oder sonstige Vermögenswerte, was für Familienangehörige oder Dritte als Miteigentümer dieser Vermögenswerte freilich ein Risiko darstellt. Sie laufen Gefahr, sprichwörtlich Haus und Hof zu verlieren, wenn der Kreditnehmer säumig ist und die Liegenschaft verpfändet wird“, wie Christandl sagt. „Dringende Wohnbedürfnisse können zwar einen Aufschub der Verwertung bewirken, jedoch gilt auch hier: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Die Realhaftung, einfach gesagt: die Haftung ausschließlich mit konkret bezeichnetem Sachvermögen, grenzt zwar das mögliche Einstehen-Müssen für eine Kreditverbindlichkeit des Ehegatten oder eines Elternteiles ein, wie der Jurist betont, kann im Ernstfall aber trotzdem dramatische Verluste bedeuten. Wichtiger Zusatz: „Dass jedes Vertragsverhältnis generell aus Gründen des Irrtums oder der Sittenwidrigkeit angefochten werden kann, versteht sich von selbst.“
Personalhaftung
Neben der Sachhaftung kann der Kreditgeber auch eine Personalhaftung verlangen. Christandl: „Der Ehegatte oder das Kind ist dann Vertragspartner des Kreditvertrages, als Bürge oder als ,Bürge und Zahler‘, was zusammengefasst bedeutet, dass der Ehegatte oder das Kind faktisch die idente Stellung wie der eigentliche Kreditnehmer einnimmt und nicht bloß mit einzelnen Sachen, sondern mit seinem gesamten Vermögen für die Kreditschuld haftet.“
Hier sind freilich unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit den Kreditgebern Schranken gesetzt, wie der Anwalt betont. Der klassische Fall, dass eine einkommenslose und/oder vermögenslose Ehefrau für Kreditverbindlichkeiten des Ehegatten haftet, wenngleich von vornherein absehbar ist, dass sie den Kredit niemals hätten bedienen können, biete Anfechtungspotential in Richtung Aufhebung eben dieser vertraglichen Haftung wegen gröblicher Benachteiligung. Wenngleich es auch hier auf den jeweiligen Einzelfall ankommt, bestehe die Tendenz der höchstgerichtlichen Judikatur, aber auch des Gesetzgebers – beispielsweise im Lichte des Verbraucherkreditgesetzes – sittenwidrige und gröblich benachteiligende Haftungen nicht zuzulassen und hier regulierend einzugreifen. Zurückkommend auf den Fall der einkommens- und vermögenlosen oder einkommensschwachen Ehefrau betont Christandl: „Ist die Nichtleistbarkeit des Kredites von vorneherein absehbar, bestehen gute Chancen, die Haftung vor Gericht zu bekämpfen und erfolgreich abzuwehren.“
Ausfallshaftung
Bei einer Ausfallshaftung bei einer einvernehmlichen Scheidung übernimmt ein Ehegatte bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens die Mithaftung bei einem Kredit bloß für den Fall, dass sämtliche exekutiven Betreibungsschritte gegen den anderen Ehegatten vergeblich waren. Dadurch bleibt zwar eine Haftung bestehen, sie wird aber erst schlagend, wenn aus dem Vermögen des anderen Ehegatten keine vollständige Rückzahlung mehr erlangt werden kann.
Auswege
Wer für den Kredit seines Partners haftet, kann den ehelichen Verbindlichkeiten bei einer Scheidung entweder durch Haftungsentlassung des Kreditgebers oder aber durch die gerichtliche Beschlussfassung entkommen, wonach der eine Ehegatte bloß als Ausfallsbürge und damit nur dann haftet, wenn eine Einbringlichmachung der Kreditschuld beim anderen Ehegatten unmöglich ist, wie Christandl betont.
Vorbauen
Die rechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten bieten nur die Möglichkeit, im Nachhinein korrigierend einzugreifen. Christandls Rat lautet: „Weil dies oftmals ein steiniges Szenario darstellt – mit Gerichtsverfahren und Kostenbelastung – empfiehlt es sich jedenfalls, vor Haftungsübernahme oder Eingehen eines Schuld- wie Kreditverhältnisses einen profunden rechtlichen Rat einzuholen und prüfen zu lassen, welche Risken und Haftungen damit verbunden sind. Denn auch hier gilt: ,Prüfe, wer sich bindet!‘“