Heute, Donnerstag, hat die Möbelhauskette Kika/Leiner beim Landesgericht St. Pölten ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Laut KSV1870 belaufen sich die Schulden auf 113 Millionen Euro, davon leben 61 Millionen aus dem alten Insolvenzverfahren wieder auf. In den angeführten Verbindlichkeiten sind die Gutscheinforderungen sowie von den Kunden geleisteten Anzahlungen nicht enthalten. Rund 924 Gläubiger sind betroffen. Die Anzahl der betroffenen Anzahlungsgläubiger können die Kreditschützer derzeit nicht abschätzen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 17 Standorten zittern um ihre Jobs, denn die Fortführung der 1910 gegründeten Möbelhauskette scheint ungewiss. Das Management gab bereits am Dienstag bekannt, dass die Sanierung aufgrund der fehlenden liquiden Mittel gescheitert ist und neuerlich ein Insolvenzantrag eingereicht werden muss.

Laut Alpenländischen Kreditorenverband sind 1350 Dienstnehmer von der neuerlichen Insolvenz betroffen. Davon sind 1053 Angestellte, 247 Arbeiter und 50 Lehrlinge. Das Sanierungsverfahren wurde am Donnerstag eröffnet. Stephan Mazal von Creditreform erklärt: „In einem ersten Schritt wird nun der bestellte Insolvenzverwalter prüfen, ob eine dauerhafte Fortführung möglich ist.“ Denn ein Sanierungsverfahren ist nur möglich, wenn das Unternehmen kostendeckend geführt wird. In Fall einer Liquidation steigen die Verbindlichkeiten auf 139 Millionen Euro, weil Ansprüche der Dienstnehmer und der Geschäftslokale dann dazukommen.

Seit Jahren in der Krise

Kika/Leiner befindet sich bereits seit mehreren Jahren in der Krise, zwischen 2013 und 2023 gab es drei Eigentümerwechsel und zahlreiche Filialschließungen. Im Jahr 2023 verkaufte René Benkos Signa die Kika/Leiner-Immobilien an die Grazer Supernova und das operative Möbelgeschäft an den Handelsmanager Hermann Wieser. Kurz darauf meldete das Unternehmen Insolvenz an, 23 von 40 Filialen wurden im Zuge der ersten Sanierung geschlossen. Im September 2023 haben die Gläubiger einem 20-prozentigen Sanierungsplan zugestimmt. Sie sollten nach einer bereits ausbezahlten Barquote in der Hohe von zehn Prozent, weitere je fünf Prozent erhalten. Die nächste Quote wäre am 26. Jänner 2025 fällig. Inwiefern eine nochmalige Sanierung möglich ist, wird der Insolvenzverwalter prüfen.

„Großwetterlage für Möbelhandel extrem schlecht“

„Eine Insolvenz bedeutet nicht unbedingt den Tod, ein Unternehmen kann sich davon wie ein Mensch mit einer schweren Lungenentzündung wieder erholen“, sagt Christoph Teller, Professor für Marketing- und Handelsmanagement von der Johannes Kepler Universität Linz. Allerdings sei die „Großwetterlage für den Möbelhandel derzeit extrem schlecht“ und eine Neupositionierung von Kika-Leiner wäre eine „Mammutaufgabe“, für die es einen langen Atem und entsprechend viel Geld brauche. Denn die Möbelhäuser leiden von allen Handelssparten am meisten unter der Konsumflaute. In den „fetten Jahren in Covid-Zeiten“ hätten viele Österreicherinnen und Österreicher in Einrichtung investiert. „Doch man braucht nicht alle fünf Jahre eine neue Küche oder ein neues Sofa“, sagt Teller. Möbel zählen zu den Gütern des langfristigen Bedarfs, bei denen Menschen in Krisenzeiten vor allem sparen. Dazu komme der Rückgang bei der heimischen Bautätigkeit. Gibt es weniger neue Wohnungen, wird auch weniger eingerichtet.

„Extrem schade“ wäre es, wenn die österreichische Marke Kika/Leiner dem Markt verloren gehen würde, sagt Teller. Natürlich wegen der 1350 Arbeitnehmer und ihrer Familien, aber auch wegen des Marktes. Bereits jetzt gäbe es in Österreich eine starke Konzentration im Möbelhandel. Schwächere wie zuletzt Kika/Leiner könnten in so einer Situation mit der „Spirale des Wachstums“ nicht mithalten und werden „gefressen“. Sollte es tatsächlich das endgültige Aus sein, würde das für eine weitere Konzentration sorgen, was auch für Kunden und Lieferanten nicht gut sei.

Fehler beim neuen Management sieht Teller nicht. Er betont: „Die besten Manager können nicht über das Wasser gehen.“ In den vergangenen Monaten habe es versucht, mit „einem Bleigürtel gegen den Strom zu schwimmen“.

Jobangebot von der Post für betroffene Mitarbeiter

Die Österreichische Post AG bietet allen betroffenen Mitarbeitern österreichweit neue Arbeitsplätze an. Derzeit suchen die Post und ihre Tochterunternehmen in Österreich knapp 700 zusätzliche Mitarbeiter*innen, etwa im Verkauf, in den Logistikzentren, in der Zustellung, als Lkw-Fahrer oder in der IT. Anstellungen sind in Vollzeit, Teilzeit oder auch geringfügig möglich.