Die klimaschädliche Öl- und Gasproduktion der großen Förderunternehmen weltweit hat einer Analyse von Umweltorganisationen zufolge 2023 einen Höchststand erreicht. Das geht aus der „Global Oil & Gas Exit List“ hervor, die die Organisation Urgewald gemeinsam mit mehr als 30 Partnern jährlich aktualisiert. Auch die OMV steht auf der Liste der untersuchten Unternehmen, sie treibt mit Neptun Deep im Schwarzen Meer aktuell eines der größten Gasprojekte der EU voran.
Mehr als vor der Pandemie
Demnach förderten die erfassten Unternehmen – die 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion ausmachen – im vergangenen Jahr 55,5 Milliarden Barrel Öläquivalent (boe). Dies lag den Angaben zufolge über den bisherigen Höchstwerten, die vor der Coronapandemie erreicht wurden. 2019 entsprach dieser Wert 55,01 Milliarden Barrel Öläquivalent. Mit der Einheit werden Energieträger vergleichbar gemacht: Es geht um die Energiemenge, die beim Verbrennen von einem Fass Erdöl freigesetzt wird.
Erderwärmung steigt weiter
Der Analyse zufolge erschließen Öl- und Gasfirmen schon aktuell Felder, deren Ausbeutung die Erderwärmung auf mehr als zwei Grad ansteigen lassen könnte. 95 Prozent der 1769 erfassten Förderunternehmen sind auf der Suche nach neuen Öl- und Gasfeldern oder erschließen diese bereits. Zu den Unternehmen mit den größten kurzfristigen Expansionsplänen zählen Saudi Aramco (19,6 Mrd. boe), QatarEnergy (17,8 Mrd. boe), OMV-Großaktionär ADNOC (9,5 Mrd. boe), ExxonMobil und Gazprom (beide 9,4 Mrd. boe), TotalEnergies und Petrobras (beide 8,0 Mrd. boe).
Enorme Investitionen
„Dieser Negativrekord ist alarmierend. Wenn wir die fossile Expansion nicht aufhalten und keinen kontrollierten Produktionsrückgang einleiten, wird das 1,5-Grad-Limit unerreichbar. Hier müssen wir bei den Klimaverhandlungen in Baku vorankommen“, sagte Nils Bartsch, Leiter der Öl- und Gasrecherche bei Urgewald. Gemeint ist das internationale Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Auf der Weltklimakonferenz in Dubai hatte sich die Weltgemeinschaft 2023 erstmals darauf geeinigt, die Abkehr von fossilen Energien einzuläuten. Tatsächlich investiert die fossile Branche allerdings weiter in einem Ausmaß, das in keiner Weise mit jeglichen Klimazielen vereinbar ist - nicht zuletzt mit Zielen der Unternehmen selbst.
Auch die Internationale Energieagentur (IEA) betont, die Öl- und Gasindustrie müsse ihre Investitionen deutlich verlagern, um die Energiewende zu beschleunigen. Bis jetzt würden bei führenden Unternehmen der Branche Investitionen, die nichts mit Öl und Gas zu tun haben, nur etwa fünf Prozent der Geschäfte ausmachen - etwa Solar- oder Windprojekte.
Die „Global Oil & Gas Exit List“ zieht vor allem Jahresberichte und Investoreninformationen von Unternehmen sowie Daten der Dienstleister Rystad Energy und des Global Energy Monitor heran.