Das Lamento über die Bürokratisierung ist bekanntlich kein neues Phänomen. So kommt auch so gut wie kein Regierungsprogramm ohne einen in Aussicht gestellten Bürokratieabbau aus, die scheidende schwarz-grüne Bundesregierung hatte es in ihrem immerhin 19 Mal verewigt. Die jahrelangen Versprechungen zur Eindämmung fallen schon fast traditionell ähnlich üppig aus wie der wuchernde Paragrafen- und Verordnungs-Dschungel selbst. Eine Diagnose, die freilich nicht nur auf Österreich zutrifft, zumal man hierzulande der so häufig kritisierten nationalen Übererfüllung von EU-rechtlichen Vorgaben, sogenanntes „Gold Plating“, seit 2019 mittels eigenem „Anti-Gold-Plating-Gesetz“ entgegenwirken will. Ein Gesetz, um Gesetze zu reglementieren. Ja, auch das gibt‘s. Die Erfolge bleiben mäßig. In der so angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage des Landes gilt die Bürokratie als eine der letzten verlässlichen Wachstumsbranchen.

Mario Draghi, Ex-EZB-Chef und früherer italienischer Premier, machte es in seinem Report zuletzt an diesen Zahlen fest: Bis 2019 hat die EU rund 13.000 Gesetze verabschiedet, während die USA 3000 Gesetze und 2000 Resolutionen verabschiedet haben. Nationale Gesetze sind dabei nicht eingerechnet. Als „überbordenden Schwachsinn von mörderischen Ausmaßen“ geißelte der langjährige frühere Post-Chef Georg Pölzl die grassierende Regulierungswut im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Zu Friedhofs-Vokabular griff in diesem Zusammenhang auch Ricardo-José Vybiral, Chef des Kreditschutzverbandes. Auf Basis einer aktuellen Umfrage hielt er fest: „Eine überbordende Bürokratie kann insbesondere für KMU sehr schnell zum Totengräber werden.“ Wer sich Zahlen einer aktuellen Studie im Auftrag der Gewerbe- und Handwerksbetriebe anschaut, versteht die drastische Wortwahl. Die bürokratischen Gesamtkosten belaufen sich demnach auf 4,3 Milliarden Euro pro Jahr, über alle Betriebe hinweg müssen 70 Millionen Arbeitsstunden dafür aufgewendet werden, was umgerechnet 42.190 Vollzeit-Arbeitsstellen entspricht.