Egal ob elektronische Bauteile, Mikroelektronik, Mikroprozessoren oder Halbleiter – die Kärntner Elektro- und Elektronikindustrie gilt als Vorreiter in diesem Bereich. Und gemessen am Umsatz ist sie auch die größte Branche Kärntens: 6,3 Milliarden Euro wurden laut Statistik Austria im Vorjahr in der Produktion abgesetzt. Rund 7300 Mitarbeiter werden ihr zugerechnet. Zum Vergleich: 2010 waren es noch 3800, was einen Beschäftigungszuwachs von 90 Prozent bedeutet.
„Beschäftigt werden sie von 25 Unternehmen“, sagt Michael Velmeden, Spartenobmann der Kärntner Industrie in der Wirtschaftskammer sowie geschäftsführender Gesellschafter von „cms electronics“ in Klagenfurt. In beiden Rollen kann er auf eines hinweisen: die hohe Exportquote in diesem Zweig, bei cms liege sie bei 70 Prozent.
Produziert werde also vorwiegend für Europa und den gesamten Weltmarkt. Als Technologietreiber liefere man die entscheidenden Komponenten für Megatrends wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Smart Home, Energie-Effizienz oder Alternativenergien. „Halbleiter sind hier Herz und Taktgeber“, so Velmeden.
„An der Grenze des technisch Machbaren“
„Die Mikroelektronik ist in Kärnten bekanntermaßen sehr ausgeprägt und nicht nur für das Bundesland, sondern für Österreich insgesamt bedeutend“, bestätigt auch Volkswirt Norbert Wohlgemuth. Beeindruckend sei, so der Chef des Kärntner Instituts für Höhere Studien und wissenschaftliche Forschung (KIHS), dass rund drei Viertel der österreichweiten Wertschöpfung im Bereich der Herstellung von elektronischen Bauelementen in Kärnten erzielt wird. Und hier seien auch mehr als die Hälfte aller Beschäftigten dieser Branche tätig.
Mit 4900 Mitarbeitern in Villach entfällt der Löwenanteil auf Infineon als „Big Player“, der als Halbleiterkonzern auch viel Forschung und Entwicklung in der dortigen Innovationsfabrik betreibt. Kürzlich wurde der nächste technologische Meilenstein vermeldet: der dünnste Silizium-Leistungshalbleiter-Wafer. Dieser ist mit 20 Mikrometern ein Viertel so dick wie ein menschliches Haar. „Wir bewegen uns hier an der Grenze des technisch Machbaren und reduzieren den Leistungsverlust in Stromversorgungssystemen um mehr als 15 Prozent“, heißt es dazu von Thomas Reisinger, Vorstand bei Infineon Austria, zur Halbierung der branchenüblichen Waferdicke.
Viele Erfolgsgeschichten
Auf dem Weg hin zu dieser und anderen Innovationen ist ein ganzes Netzwerk entstanden: einerseits mit Halbleiter-Zuliefererbetrieben, andererseits durch Forschungskooperationen. Unter beiden gibt es nach wie vor Zuwächse. Mit Meridionale Impianti folgt in einem Jahr eine weitere Betriebsansiedlung. Das italienische, weltweit aktive Technologie-Unternehmen will gemeinsam mit Kärntens Hightech-Industrie wachsen. In einer ersten Phase werden fünf Millionen Euro in einen neuen Standort in Villach investiert, 20 Arbeitsplätze sollen entstehen. Damit wird sich eine, aber nicht die letzte Lücke in der Liefer- und Dienstleistungskette schließen. Meridionale entwickelt etwa maßgeschneiderte UHP-Gasverteilsysteme, Wafer-Transportsysteme und Roboterlösungen. In den vergangenen Jahren seine Produktion verfünffacht hat indes Lam Research. Diesen Sommer wurde die mittlerweile 17. Baustufe eröffnet: Das neue Produktions- und Logistikzentrum bietet Platz für 150 zusätzliche Arbeitsplätze.
Viel Know-how wurde auch im Technologiepark Villach und im Lakeside Park in Klagenfurt aufgebaut. „Gemeinsam mit der Steiermark haben wir im Süden Österreichs ein starkes Ökosystem samt hervorragenden Kompetenzen. Getrieben von Initiativen wie dem Silicon Alps Cluster und den Silicon Austria Labs wurde ein wesentlicher Schulterschluss geschafft“, schildert Velmeden. Mit Ausgaben für Forschung & Entwicklung in der Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr und über 3000 F&E-Mitarbeitern sei man auch aus Kärnten heraus ein nicht zu unterschätzender Akteur. Dieses Umfeld stimme trotz der zurzeit schwierigen Wettbewerbssituation samt rückläufiger Nachfrage positiv. Und das, obwohl der kriselnde Automobilsektor ein wesentlicher Abnehmer sei. Um von den weiteren Stärken, wie der guten Ausbildung der Mitarbeiter sowie der Zusammenarbeit mit Hochschulen und Universitäten profitieren zu können, müsse man aber bei der gesunkenen Wettbewerbsfähigkeit gegensteuern. Für die stark exportorientierte Elektronikindustrie sei es besonders entscheidend, dass es bei den Arbeits- und Energiekosten zu einer Entlastung kommt.
Nachfrageseitig scheint der weltweite Halbleitermarkt wieder anzuspringen: Nach einem Einbruch im Vorjahr und einem Minus von 11,7 Prozent, dreht der Absatz heuer wieder ins Plus. Laut Prognosen der Beratungsfirma Gartner dürften 2025 Chip-Umsätze um rund 14 Prozent steigen.