Die Wahl Donald Trumps zum 47. US-Präsidenten lässt die Märkte nicht kalt. Trump steht für Liberalisierung, weniger Staat und Deregulierung, protektionistische Wirtschaftspolitik, höhere Zölle auf Waren aus der EU und Chinas sowie restriktivere Zuwanderung. Eine Melange, die den meisten Märkten offenbar mundet.
Durchwegs klare Kurszuwächse waren am Mittwochvormittag angesagt: Der Dollar geht massiv gestärkt aus dieser Wahl hervor. Innerhalb von Stunden schlug der Wert der US-Währung gegenüber dem Euro kräftig nach oben aus, der US-Dollar legte um zwei Prozent zu. „Das ist fast lehrbuchartig die Erwartung höherer Importzölle. Relativ höhere Inflation und daher Zinsen in den USA, wenige relatives Dollarangebot auf den FX-Märkten“, schrieb Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Mittwochvormittag auf der Nachrichtenplattform „X“. Unter FX-Märkten werden Devisen- und Währungsmärkte verstanden. Analysten schreiben von den stärksten Eintageszuwächsen für den Dollar gegen andere Währungen seit dem März 2023.
Neues Rekordhoch für Bitcoin
Auch die Kryptowährung Bitcoin erreicht ein Rekordhoch während der Wahlnacht, klettert auf über 75.000 US-Dollar – ein Plus von fast zehn Prozent gegenüber dem Tag vor der Wahl. Trump hatte verstärkt um Wählerstimmen aus der Krypto-Community geworben und sich als „Bitcoin-Präsident“ präsentiert. Manche Experten erwarten nun sogar, dass die älteste Cyberwährung Bitcoin die Schallmauer von 100.,000 Euro durchschlagen könnte. Der Goldpreis, der zuletzt neue Rekorde erreichte, sank indes leicht. Die Ölpreise haben am Mittwoch auf den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA mit klaren Abschlägen reagiert – da Rohöl auf dem Weltmarkt in der Regel in Dollar gehandelt wird, verteuern Kursgewinne der amerikanischen Währung den Rohstoff in Ländern außerhalb des Dollar-Raums.
Comeback des „Trump-Trade“
Auch an den Börsen feierte der „Trump Trade“ ein Comeback – etwa mit steigenden Anleiherenditen. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen kletterten um 15 Basispunkte in die Höhe – was nach klassischer Börsenlogik die Aktienmärkte belasten könnte. Die US-Futures auf große US-Indizes wie den Dow Jones und den Nasdaq haben in der Wahlnacht hingegen angezogen und liegen im Plus.
An der Wall Street deuten sich zum Handelsstart noch deutlichere Kursgewinne an. Auch an der Wiener Börse gab es Ausschläge nach oben, vor allem Bankaktien profitieren, die Finanzbranche erhofft sich hier Vorteile. Besonders starke Zugewinne verzeichnete am Mittwochvormittag die Aktie der Raiffeisen Bank International (RBI), die um bis zu acht Prozent im Plus lag. Ein Grund dürfte die Erwartung sein, dass ein Sieg Trumps Russlands Position gegenüber der Ukraine stärkt. Die RBI ist nach wie vor stark in Russland engagiert.
Hoffnung und Angst an den Börsen
Die europäischen Leitbörsen haben den Handel am Mittwoch nach der US-Wahl allgemein mit klaren Kurszuwächsen aufgenommen. Anleger in Europa fürchten aber auch einen protektionistischen Kurs von Trump, der für europäische Unternehmen durch Zölle teuer werden könnte.
Im deutschen Aktienhandel ist der Automobilsektor klarer Verlierer. Anleger befürchten Strafzölle der USA auf deutsche Importe. Die Kursverluste reichen von 3,7 Prozent bei Mercedes-Benz über 5 Prozent für BMW bis zu 6 Prozent bei Porsche.Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, wertete einen Trump-Sieg ebenfalls als negativ. Damit „beginnt der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik, weil zur inneren Strukturkrise nun massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen auf uns zukommen, auf die wir nicht vorbereitet sind.“
Felbermayr spricht auf „X“ ein erhebliches Problem der EU mit Trumps Wahl zum US-Präsidenten an: „EU ist 3x schwächer in bilateralen Verhandlungen mit USA als 2017-20.“ und listet „nicht gemachte Hausaufgaben“ auf: Die USA sei wirtschaftlich noch wichtiger als bisher – als Absatzmarkt und für Gasimporte. Die EU befinde sich in der Wachstumskrise. „Zollkrieg käme extra ungelegen“, schreibt der Wifo-Chef. Und: Im Ukraine-Krieg sei Europa „sicherheitspolitisch abhängig“.
„Europa ist massiv erpressbar“
Im Gespräch mit der APA erklärte Felbermayr, Trumps Sieg bei der US-Präsidentenwahl bringe für Europa vor allem große sicherheitspolitische Herausforderungen mit sich. „Ein Rückzug der USA aus Europa ist eine ganz andere Bedrohung als ein paar Zölle“, sagte der Ökonom. Europa „hätte in den letzten vier Jahren viel mehr tun müssen, jetzt sind wir massiv erpressbar“. Notwendig sei ein drastischer Ausbau der Rüstungsindustrie.