Auch wenn sich zurzeit in zahlreichen steirischen Regionen etwas tut, so gilt Graz noch immer als Epizentrum der heimischen Start-up-Szene. Also als primäre Heimat jener jungen Unternehmen, die besonders wachstums- und technologieaffin sind.

Dem Standort stellt die Branche jetzt ein durchwegs positives Zeugnis aus. Beim „Grazer Start-up Barometer“, der am Montag im Unicorn zum elften Mal präsentiert wurde, vergaben die mehr als 100 befragten Gründerinnen, Gründer und Menschen aus dem Start-up-Umfeld im Schnitt 5,43 von sieben möglichen Punkten, was die Standortqualität betrifft. „Die Grundstimmung ist gut, mit dem Beratungsangebot herrscht Zufriedenheit“, heißt es dementsprechend auch von Unicorn-Chef Bernhard Weber. Die zuletzt konjunkturell herausfordernden Zeiten hätten die Start-ups gut überstanden. Zurzeit würden sie sogar „wieder mutiger in die Zukunft blicken“, sagt Weber. So planen laut Barometer etwa 76 Prozent der Jungunternehmen Neueinstellungen im kommenden Jahr.

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Start-ups: Wenige Gründerinnen

Auch an das verhältnismäßig geringe Risikokapital, das zurzeit nach stark ausgeprägten Förderlandschaften für Wachstumsphasen bereitstünde, hätten sich die Start-ups angepasst. Matthias Ruhri, Chef des Start-ups Probando und Mitinitiator der Gründungsgarage: „Umsatzwachstum und Profitabilität waren lange Dinge, die Start-ups nicht gemeinsam als Ziel verfolgt haben. Das hat sich nun geändert“.

Immer seltener werden indes Start-up-Gründerinnen. Konstatierte schon der aktuellste Start-up Monitor Österreich gerade einmal eine Gründerinnen-Quote von 17 Prozent im Land, weist das nunmehrige Barometer in Graz gar nur mehr zwölf Prozent Gründerinnen aus. Elisabeth Kaufmann, Entrepreneurship-Expertin von der Karl-Franzens-Universität, macht dafür auch „fehlende Kinderbetreuungsangebote“ verantwortlich. Das unterstreiche auch der extrem niedrige Barometer-Wert, der in diesem Bereich bei nur 3,78 Punkten liegt.

Wo es laut den Start-ups noch hakt am Standort? „Was uns fehlt, sind mehr internationale Impulse“, sagt Bernhard Weber mit Blick auf die Barometer-Ergebnisse. „Für Graz wünsche ich mir mehr internationale Sichtbarkeit“, stimmt Ruhri ein. Der Blick anderswohin, etwa nach Lissabon, zeige, was mit geschickter Positionierung möglich sei.

Präsentierten den „Grazer Start-up Barometer“: Matthias Ruhri (Probando, Gründungsgarage), Elisabeth Kaufmann (Uni Graz), Bernhard Weber (Unicorn)
Präsentierten den „Grazer Start-up Barometer“: Matthias Ruhri (Probando, Gründungsgarage), Elisabeth Kaufmann (Uni Graz), Bernhard Weber (Unicorn) © Zottler

Zweifel an Startupmark

Ein Thema, das eigentlich eine Initiative des Landes aus dem Jahr 2021 explizit adressieren will. Damals wurde die „Startupmark“ groß ins Leben gerufen. Angesiedelt bei der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und als Bündelung der stärksten Kräfte in der steirischen Start-up-Szene angedacht. Man wolle die „internationale Sichtbarkeit der Steiermark erhöhen“, hieß es zum Startschuss. Zugleich versprach man, „an der Positionierung der Steiermark als Start-up-Hotspot und den richtigen Rahmenbedingungen zu feilen“.

Prinzipiell wohl begrüßenswerte Einfälle – und trotzdem regen sich in der steirischen Gründerszene seit geraumer Zeit Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Initiative. „Die Idee ist ja gut“, ist vielerorts zu hören, aber der „Hund liegt im Tun begraben“, formuliert es ein Kenner im Gespräch. Es sei „unsichtbar, was dort wirklich passiert ist“, sagt wiederum ein Start-up-Gründer, dem „keine konkrete Initiative einfällt, die daraus entstanden ist“. Es fehle „die strategische Power“, man solle über eine Neuaufstellung nachdenken, um den Start-up-Standort tatsächlich „gemeinsam voranzubringen“.

„Leuchttürme“ wurden gebaut

Die zuständige Wirtschaftslandesrätin, Barbara Eibinger-Miedl, blickt indes auf Anfrage zufrieden auf die drei Jahre der Startupmark. „Neben zahlreichen Veranstaltungen – wie etwa zuletzt dem Life Science Pitch Day am ZWT – wurde und wird auch die Infrastruktur ausgebaut, um innovative Unternehmensgründungen im wissenschaftlichen Umfeld zu forcieren“, heißt es. Mit dem „ZWT Accelerator an der Med-Uni Graz und dem Data House an der TU Graz“ seien gar „Leuchttürme entstanden“. Darüber hinaus hätte man in „den vergangenen drei Jahren 70 Start-ups in der Gründungsphase unterstützt“.

In Summe sieht die Landesrätin für die findigen Jungunternehmen „gute Rahmenbedingungen“ in der Steiermark. Bei den auf Nachhaltigkeitsthemen spezialisierten „grünen Start-ups“ sei man gar die „Nummer eins in Österreich“. Dieser Bereich soll „weiter forciert werden“.

Start-up-Debatte vor der Landtagswahl

Die Rolle des steirischen Start-up-Standorts war dann auch großes Thema einer Podiumsdiskussion, die gestern am Unicorn stattfand. Vertreter aller anwesenden Parteien (ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, Neos, KPÖ) strichen dabei die Bedeutung der Jungunternehmen für den Standort heraus. Nahezu vollumfängliche Zustimmung bekam zudem der Befund, dass sich das gesellschaftliche Bild von Unternehmertum grosso modo dringend bessern müsse.

Diskutierten: Schwarz (Grüne), Moitzi (SPÖ), Buchmann (ÖVP), Katzensteiner (KPÖ), Kroismayr (FPÖ), Swatek (NEOS), Moderatorin Schober, Weber (Unicorn)
Diskutierten: Schwarz (Grüne), Moitzi (SPÖ), Buchmann (ÖVP), Katzensteiner (KPÖ), Kroismayr (FPÖ), Swatek (NEOS), Moderatorin Schober, Weber (Unicorn) © Elsneg/Unicorn