Es waren 56.400 Fahrzeuge, die heuer in den ersten drei Quartalen des Jahres bei Magna Steyr in Graz vom Band gelaufen sind. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es noch 83.700 – also um ein Drittel mehr. Die herausfordernde Lage, in der die Gesamtfahrzeugfertigung von Magna Steyr in Graz steckt, bildet sich auch in der gestern präsentierten Quartalsbilanz wider. Zieht man nur das dritte Jahresviertel bis Ende September heran, waren 15.500 in Graz montierte Autos, im dritten Quartal 2023 waren es noch 22.900. Einer der Gründe, der im Quartalsbericht angeführt wird, ist das Fiasko rund um den US-E-Autobauer Fisker, der nach Insolvenz die Produktion in Graz stoppen musste. Die Umsätze der Grazer Gesamtfahrzeugfertigung sind bis Ende September im Jahresvergleich von 4,34 Milliarden Dollar auf 3,78 Milliarden gesunken, das operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) von 81 auf 74 Millionen Dollar.

Dass die Fertigungszahlen in Graz vorerst weiter sinken, ist vorprogrammiert. So wird Ende des Jahres die Jaguar-Produktion (E-Pace/Verbrenner und der elektrische I-Pace) bei Magna Steyr auslaufen. Es ist eine Zäsur für das Grazer Werk, der I-Pace zum Beispiel galt als ein Vorreiter der E-Mobilität. Mit 2024 könnte man insgesamt auf 70.000 verkaufte Einheiten seit dem Produktionsstart 2018 kommen, viel mehr zählt aber der Einsatz im großen autonomen Robotaxi-Projekt der Google-Tochter Waymo, das in mehreren amerikanischen Städten läuft.

Der Jaguar I-Pace
Der Jaguar I-Pace © AFP / Jason Henry

Die große Herausforderung für Magna Steyr in der Steiermark: Einen Kunden zu finden, damit man die Zukunft planen kann, denn ab 2026 verabschieden sich auch BMW/Toyota, dann verbleibt nur noch die Marke Mercedes-Benz, die in Graz den „G“ produzieren lässt. Und der Auftrag von FourSeven, eine englische Elektro-Marke, finanziert durch einen Staatsfonds aus dem arabischen Raum kann in Graz wohl frühestens 2026/2027 realisiert werden. Der elektrische Fusilier von Ineos wurde vorerst einmal verschoben.

Um 1000 Beschäftigte weniger als im Herbst 2023

Alleine seit Herbst 2023 haben 1000 Mitarbeiter Magna Steyr in der Steiermark verlassen. Großzügige Abfindungsprogramme laufen nach wie vor, die Alterszeitmodelle laufen aber aus. Die VW-Krise und die Automobilkrise der gesamten Branche trifft Magna Steyr und Magna selbst. In Deutschland wurden und werden alleine heuer drei Werke geschlossen, über 40 hatte man insgesamt aufgebaut.

Für die Steiermark und Magna Steyr hängt jetzt viel davon ab, ob man überhaupt chinesische Kunden findet, die aufgrund der von der EU beschlossenen Strafzölle in Europa produzieren werden. GAC-Vertreter waren zuletzt da, auch Geely wurde als potenzieller Kunde unter anderen genannt. Auch Chery ist ein Thema. Wir berichteten mehrfach.

Laufende Verhandlungen auch in China

Das Magna-Steyr-Management ist auch laufend in China zu Verhandlungen, zu Sondierungsgesprächen unterwegs. Für Magna Steyr und das Werk in Graz geht es um viel, denn die Kostenstruktur wird entscheidend sein. Je höher der Strafzoll, desto größer die Chance die prognostizierten Mehrkosten am Standort Graz von rund 20 Prozent kompensieren zu können. Vier bis fünf Prozentpunkte könne man immer durch Optimierungen schaffen, der Rest gestalte sich schwierig, so ein Insider.

Chinas Hersteller schauen sich derzeit genau an wer im Zollstreit für die Zölle und gegen die Zölle gestimmt hat. Österreich hat sich enthalten, was die Position nicht unbedingt verbessert. Dazu kommt Magna in ein Konkurrenzverhältnis mit anderen Werken europäischer Hersteller. Stellantis (Peugeot, Citroen, Fiat, Alfa, DS etc.) etwa lastet mit der Produktion der chinesischen Marke Leapmotor bereits ein eigenes Werk in Polen aus. Andere Hersteller wollen Werke unter Umständen an Chinesen abgeben oder kooperieren – weil ohnehin schon in China Partnerschaften bestehen.

Am Tropf der Autoindustrie

In der Steiermark gibt es aber auch eine Reihe von Unternehmen, die am Tropf der Autoindustrie hängen und abhängig sind. Magna Powertrain musste zuletzt 200 Arbeitsstellen streichen. Magna Presstec fertigt in Weiz und Lebring Strukturteile und Fahrwerkskomponenten, die wichtigsten Kunden sind Audi und Porsche. Magna Heavy Stamping baut Pressteile und Karosseriebauteile in Albersdorf. Alle sind natürlich von den Bestellungen der Hersteller, also der Anzahl der gebauten Fahrzeuge, abhängig.