„Zinstristesse: Klassische Sparformen sind verlustreicher denn je“ – so lauteten am Weltspartag des Jahres 2021 die Schlagzeilen. Die Europäische Zentralbank hatte ihre Null- und Negativzinspolitik bereits seit mehr als fünf Jahren aufrechterhalten. Gleichzeitig legte die Inflation sukzessive zu. 2022 stand der Weltspartag im Zeichen der Zinswende, die im Sommer davor eingeläutet worden war. Dass diese derart wuchtig ausfallen würde, war freilich noch nicht absehbar. Die Teuerungsrate erreichte den höchsten Stand seit 70 Jahren.
Weitere Zinssenkungen in Aussicht
Zehnmal in Folge sollte die EZB im Kampf gegen die aus dem Ruder gelaufene Inflation bis Herbst 2023 die Zinsen anheben. Die Hoffnung auf eine nahende Zinssenkung dominierte den Weltspartag des Vorjahres. Der Zinsgipfel war erreicht, die Konjunktur brach zusehends ein, die Lohnabschlüsse erreichten ein Rekordniveau. Es passt ins turbulente Weltspartags-Bild der letzten Jahre, dass es heuer – zum 100. Jubiläum – in die andere Richtung geht. Nachdem im Juni die Zinswende nach unten angestoßen wurde, ging es plötzlich Schlag auf Schlag. Drei Zinssenkungen waren es heuer bereits, im Dezember folgt die vierte – und für 2025 stehen weitere in Aussicht.
Geld verliert real an Wert
Was dieses Stakkato zeigt: Für die Geldanlage waren, sind und bleiben es außerordentlich anspruchsvolle Jahre. Das untermauern auch die aktuellen Daten der Nationalbank (OeNB). So hat das Geldvermögen der österreichischen Haushalte heuer zur Jahresmitte mit 872,1 Milliarden Euro – nominell – einen Rekordwert erreicht. Inflationsbereinigt war das Geld aber um fast ein Prozent weniger wert als im Jahr davor.
Wäre das ein statistischer Ausreißer, könnte man das als verkraftbar bezeichnen. Doch auch 2023 (minus 5,1 Prozent) und 2022 (minus zehn Prozent) hat das Geldvermögen real an Wert verloren. Die gegenwärtige Verunsicherung führt dazu, dass wieder deutlich mehr gespart und angelegt wird, Ökonomen und auch so mancher Bankmanager sprechen bereits von „Angstsparen“.
„Die Banken profitieren“
Die Quantität des Ersparten nimmt also trotz Rezession zu, aber wie steht es um die „Qualität“ des Sparens? Gemessen an den Zinsen: verbesserungswürdig. Laut einer Umfrage des Vergleichsportals „Durchblicker“ nutzen 78 Prozent der Österreicher das (zinslose) Girokonto auch als Spar- und Veranlagungsform. Hochgerechnet 10,8 Milliarden Euro würden auf einem täglich fälligen Sparkonto, mit 2,8 Prozent verzinst, mehr als 300 Millionen Euro an jährlichen Zinsen abwerfen. „Ohne Zinsen profitieren vor allem die Bankinstitute“, sagt Andreas Ederer, Experte für Bankprodukte bei „Durchblicker“.
Höhere Zinsen gibt‘s online
Sparer müssten zusehen, wie die Inflation ihre Geldreserven anknabbert. Ederer rät zu „Sparen, aber richtig“. Laut Arbeiterkammer liegen über 200 Milliarden Euro fast unverzinst auf täglich fälligen Spareinlagen oder Girokonten. Dabei gäbe es für täglich fälliges Geld derzeit bis zu 2,8 Prozent Zinsen, einjähriges Festgeld wirft bis zu 3,2 Prozent ab. Attraktiver als Sparbücher sei, so die Experten der AK, das Onlinesparen: Der Zins liege hier im Durchschnitt bei zwei Prozent. Für fix veranlagtes Geld über zwölf Monate gibt es im Mittel (Medianwert) 2,50 Prozent.
Starkes Plus bei Einlagen
„Viele Österreicherinnen und Österreicher lassen ihr Geld immer noch auf dem Girokonto liegen, wo es keine Zinsen gibt. Online-Sparen ist hier eine wichtige Alternative“, betont auch Peter Poenisch, CEO der Santander Consumer Bank, die in den ersten drei Quartalen nach eigenen Angaben ein Einlagenplus von zehn Prozent verzeichnet habe. Man orte aber „einen klaren Trend das Geld mit einem Festgeldzinssatz zu binden, weil allgemein erwartet wird, dass die Zinsen weiter sinken werden.“
Sparen muss man sich leisten können
Laut einer Studie der „bank 99“ sparen Frau und Herr Österreicher überwiegend traditionell: 54 Prozent verfügen über ein Online-Sparkonto, 35 Prozent sparen mit Sparbuch, 34 Prozent auf dem Girokonto und 38 Prozent bevorzugen es, Bargeld zu Hause aufzubewahren. Weniger gefragt sind Aktien und Anleihen (28 Prozent), Edelmetalle (20 Prozent), Fonds und ETFs (12 Prozent) oder Immobilien (11 Prozent). Sparen muss man sich leisten können, die Einkommens- und Lebenssituation beeinflusst das Sparverhalten massiv. Frauen sind auch in dieser Hinsicht benachteiligt: Sie legen im Schnitt um 41 Prozent weniger zur Seite als Männer.