Die Milchbauern der niederösterreichischen NÖM-Molkerei haben einen Lieferstopp bei Spar ausgerufen. Die Preisverhandlungen zwischen der Supermarktkette Rewe (Adeg, Billa, Penny) und der Molkerei NÖM laufen indes noch. „Wir sind in finalen Verhandlungen und sehr zuversichtlich, eine gute Einigung für beide Seiten zu finden“, hieß es von Rewe zur APA. Die Bauern der MGN Milchgenossenschaft Niederösterreich, Lieferanten und Miteigentümer der NÖM, hatten gestern erklärt, alle Handelsketten außer Spar hätten „die notwendigen Preiserhöhungen“ bereits akzeptiert.
Spar wird nicht mehr beliefert
Laut MGN-Geschäftsführer Leopold Gruber-Doberer wird Spar aufgrund der gescheiterten Preisverhandlungen seit Montag, 21. Oktober, von der NÖM nicht mehr beliefert. Der NÖM-Vorstand hat sich zur Spar-Causa bisher nicht öffentlich geäußert. Die größte heimische Supermarktkette Spar erklärte auf Anfrage: „Es ist unsere Aufgabe als Lebensmittelhändler, darauf zu achten, dass Grundnahrungsmittel leistbar für alle bleiben“. Man sei „jederzeit bereit, die Gespräche auf Augenhöhe fortzuführen“. Die Preisverhandlungen zwischen Spar und NÖM sollen in den nächsten Tagen fortgesetzt werden, schreibt die „Presse“ online.
„Vollstes Vertrauen ins Management“
Die NÖM Aktiengesellschaft mit Sitz in Baden ist nach Berglandmilch die zweitgrößte Molkerei Österreichs. Sie gehört zu 65 Prozent der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien und zu 35 Prozent der MGN, deren rund 2500 Mitglieder die NÖM mit Rohmilch beliefern. Die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien als NÖM-Mehrheitseigentümer betonte auf Anfrage, dass man „volles Vertrauen in das Management der NÖM“ habe. „Wir mischen uns in operative Entscheidungen nicht ein. Wir hoffen auf eine rasche Einigung im Sinne der Milchbäuerinnen und -bauern und der Konsumentinnen und Konsumenten“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme am Montag.
„Verhandeln hart mit Lieferanten“
Im Herbst werden traditionell die Lieferverträge zwischen Molkereien und Supermarktketten neu ausverhandelt. „Wir verhandeln täglich hart mit Lieferanten, um den besten Preis für unsere Kundinnen und Kunden zu erzielen“, erklärte ein Pressesprecher der Billa-Mutter Rewe. „Aber gerade wenn es um heimische, landwirtschaftliche Betriebe geht, die uns seit Jahrzehnten beliefern, braucht es die richtige Balance und Verhandlungen auf Augenhöhe.“ Der Lebensmittel-Diskonter Lidl wollte die Preisverhandlungen mit der NÖM nicht kommentieren. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu Geschäftsbeziehungen und internen Prozessen nicht äußern.“
„Frage der Fairness“
Die Landwirtschaftskammer stellt sich angesichts des NÖM-Lieferstopps an Spar generell hinter die Milchbäuerinnen und -bauern sowie ihre Genossenschaften. „Es ist auch eine Frage der Fairness, dass unseren Bauernfamilien die steigenden Produktionskosten, immer höheren Umwelt- und Tierwohlleistungen und auch die anwachsenden Lebenshaltungskosten bezahlt werden“, sagte Landwirtschaftskammer-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger am Dienstag laut Aussendung. „Wenn eine regionale Wertschöpfungskette allerdings zusammen bestehen und zukunftsfähig sein möchte, muss darauf geachtet werden, dass nicht eine Seite unter die Räder kommt.“ Es sei aber nicht Aufgabe der Landwirtschaftskammer, sich „in konkrete Preisverhandlungen zwischen einzelnen Produzenten und Händlern einzumischen“.
„Harte Preisdebatten“
Der Geschäftsführer des Milchverbandes Österreich (MVÖ), Johann Költringer, erwartet, dass harte Preisdebatten in den nächsten Monaten auch auf andere Handelsketten und Molkereien zukommen. „In ganz Europa steigen die Milch- und vor allem Butterpreise. Die Marktentwicklung ist so“, sagte Költringer den „Salzburger Nachrichten“. Bei Erträgen von durchschnittlich 0,5 Prozent vom Umsatz bei Milchbauern ließen sich 20 Prozent Lohnsteigerungen in drei Jahren nicht unterbringen. Auch Energie sei noch immer teurer als vor der Krise.