Bei Deutschlands größtem Autobauer VW stehen seit Wochen Werkschließungen, Kündigungen und Lohnkürzungen von bis zu zehn Prozent im Raum, sogar die beliebten Jubiläums-Prämien könnten gestrichen werden. Die Konzernspitze will offenbar kräftig den Rotstift ansetzen und die Marke radikal umbauen. Von vier Milliarden Euro ist die Rede, die VW einsparen will. Und von deutschlandweit 30.000 Stellen. Was genau VW-Chef Oliver Blume vorhat, blieb bisher unklar. Betriebsratschefin Daniela Cavallo trommelte am Montag die Belegschaft in allen deutschen Werken zusammen, um sie zu informieren. Demnach sollen mindestens drei deutsche Werke geschlossen werden – und „Zehntausenden gekündigt werden“. Die verbleibenden Standorte sollten zudem schrumpfen.
Cavallo: „Der Vorstand hat der Belegschaft hier alles angezündet, er hat alles in Flammen gesetzt – und sich dann verdrückt.“
„Ausverkauf des Standortes“
VW plane, den „Ausverkauf“ des Standorts Deutschland zu starten und die Regionen um seine Werke „ausbluten“ zu lassen, sagte Cavallo unter dem Applaus der Belegschaft. Und kündigte an, Widerstand leisten zu wollen. Der Vorstand spiele „massiv mit dem Risiko, dass hier bald alles eskaliert“, warnte sie. „Damit meine ich, dass wir die Gespräche abbrechen und das tun, was eine Belegschaft tun muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet.“ Ab 1. Dezember sind Warnstreiks bei VW möglich. Der VW-Betriebsrat gilt als mächtigste Arbeitnehmervertretung Deutschlands.
Das Motto der Info-Gespräche lautete: „Es ist kurz vor 12“. Sie fanden nicht nur in Wolfsburg statt, sondern zeitgleich auch in Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Emden, Hannover, Kassel, Osnabrück, Salzgitter und Zwickau. Insgesamt betreibt die Marke VW in Deutschland zehn Werke, davon sechs in Niedersachsen, drei in Sachsen und eines in Hessen. VW hatte im September die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt. Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Kündigungen möglich. Laut Cavallo fordert VW zudem zehn Prozent Lohnkürzung sowie Nullrunden in den kommenden zwei Jahren.
Szenen vom Protest in Zwickau
„Doppelt so teuer wie der Wettbewerb“
Der Konzern verteidigt seine Sparpläne. „Fakt ist: Die Lage ist ernst und die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm“, sagt Personalvorstand Gunnar Kilian. „Ohne umfassende Maßnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit werden wir uns wesentliche Zukunftsinvestitionen nicht leisten können.“ Markenchef Thomas Schäfer begründet die Schritte mit den hohen Kosten. „So wie bisher können wir nicht weitermachen. Wir sind an den deutschen Standorten nicht produktiv genug und liegen aktuell bei den Fabrikkosten 25 bis 50 Prozent über dem, was wir uns vorgenommen haben. Damit sind einzelne deutsche Werke doppelt so teuer wie der Wettbewerb.“ Ziel bleibe, die Umsatzrendite bis 2026 auf 6,5 Prozent zu steigern.
„Ein Stich ins Herz“
Die deutsche Gewerkschaft IG Metall will die Pläne von VW nicht hinnehmen. „Diese Rabiatpläne des Vorstandes sind in keiner Weise hinnehmbar und ein Bruch mit allem, was wir in den letzten Jahrzehnten im Unternehmen erlebt haben“, sagt IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. Und: „Das ist ein tiefer Stich in das Herz der hart arbeitenden VW-Belegschaft.“ Am Mittwoch kommen VW und Gewerkschaft in Wolfsburg zu ihrer zweiten Tarifrunde zusammen.
VW beschäftigt in Deutschland rund 120.000 Menschen, davon rund die Hälfte in Wolfsburg. Insgesamt betreibt die Marke VW in Deutschland zehn Werke, davon sechs in Niedersachsen, drei in Sachsen und eins in Hessen. 2023 wurden in Deutschland rund 4,9 Millionen Pkw von Volkswagen produziert. VW hatte im September die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt. Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Kündigungen möglich.
Deutscher Kanzler: „Arbeitsplätze erhalten“
Die deutsche Regierung hat VW dazu aufgefordert, Jobs zu erhalten. Man müsse noch abwarten, was Volkswagen selbst dazu erklärt, sagt ein Regierungssprecher. Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu sei aber klar - „nämlich, dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen“.