Die Luxusautobauer Mercedes-Benz und Porsche stellen sich auf eine neue, harte Realität in China ein. Die beiden noch stark von Verbrennermodellen abhängigen deutschen Hersteller leiden schon mehrere Quartale unter Absatzschwund auf dem wichtigen Markt. Porsche geht nach Worten von Finanzchef Lutz Meschke nicht davon aus, dass sich die Lage in den nächsten ein, zwei Jahren verbessert. Früher waren die deutschen Premiummarken führend in ihrem Segment in China.

Doch der größte Automarkt der Welt stellt sich rasant auf E-Autos um. Dabei ziehen die Deutschen gegenüber günstigeren chinesischen Rivalen den Kürzeren. Porsche und Mercedes-Benz hatten an elektrischen Einstiegsmodellen bisher nichts zu bieten. Der Markt für das Luxussegment, wo sie mit Porsche Taycan und EQS antraten, sei noch nicht ausgebildet, erklärte Meschke. Der Porsche-Finanzchef und sein Mercedes-Kollege Harald Wilhelm kündigten als Reaktion darauf an, die Kostenschrauben stark anzuziehen. „Wir schauen definitiv die Kostenseite an“, sagte Wilhelm. Alles komme auf den Prüfstand. „Wir drehen jeden Stein um.“

Porsche verkaufte zu Spitzenzeiten 30 Prozent der Autos in China

Porsche geht davon aus, dass der Absatz wegen der China-Flaute für längere Zeit bei 250.000 Autos im Jahr statt wie früher bei mehr als 300.000 liegen wird. Die Nachfrage habe sich dort strukturell verändert – früher schlug Porsche 30 Prozent des Absatzes in China los, derzeit ist es weniger als jedes fünfte Auto. Darauf müsse die Kostenbasis eingestellt werden. Mit zweistelligem Rückgang komme bis 2030 eine erhebliche Summe Einsparungen zustande. „Das sind hohe Milliardenbeträge.“ Was das für die Zahl der Beschäftigten heißt, blieb offen. Details wollen die beiden Dax-Konzerne Anfang 2025 nennen.

Mercedes und Porsche sind schon das ganze Jahr über stärker von der verflogenen Kauflaune in China betroffen als der Premiummarktführer BMW. Die Marke mit dem Stern schockierte mit einem Gewinneinbruch ihrer Hauptsparte Pkw im dritten Quartal um 64 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Die Rendite fiel mit 4,7 Prozent im Vergleich zu mehr als zwölf Prozent im Vorjahr mickrig aus und war damit noch niedriger, als der Markt nach der Gewinnwarnung im September geahnt hatte.

„Kein Grund, sich aus dem Markt zurückzuziehen“

Nach jahrelangem Boom in China, wo Mercedes jedes dritte Auto verkauft, blieben luxuriöse Verbrenner-Autos wie S-Klasse und Maybach bei den Händlern auf dem Hof stehen. Die Produktion in Sindelfingen wurde gedrosselt, der Bestand abverkauft, und die Händler mussten finanziell unterstützt werden. Grund ist die schwache Gesamtwirtschaft. Die wohlhabenden Käufer halten sich wegen der Immobilienkrise mit Anschaffungen zurück. Dieser Effekt sei stärker als Anfang des Jahres erwartet, erklärte Wilhelm. Der Wettbewerb sei dort hart. Der Absatz schrumpfte im Quartal um 13 Prozent. „Aber das ist kein Grund, sich aus dem Markt zurückzuziehen - wir werden da kämpfen.“

Analysten warnten, das Blatt werde sich in China nicht so schnell wenden. „Einiges ist vorübergehend - ein erheblicher Teil scheint aber strukturell zu sein, da die chinesischen Verbraucher nicht mehr so eine starke Vorliebe für deutsche Premiumfahrzeug haben“, sagte Daniel Schwarz, Analyst von Stifel Research. Das bestätigte auch Meschke - chinesische E-Autos seien mit hochwertiger Ausstattung und überlegener Vernetzung schon für umgerechnet 30.000 Euro zu haben. Vor allem der Einbruch der Auslieferungen um 29 Prozent in China drückte den Porsche-Absatz im Jahresverlauf weltweit um sieben Prozent auf 226.000 Fahrzeuge. Mit gut zehn Prozent Rendite im dritten Quartal erlitt auch Porsche einen Gewinneinbruch, will im Gesamtjahr aber 14 bis 15 Prozent schaffen.

Licht am Horizont?

Für die noch immer weltweit beliebten Marken aus Stuttgart gibt es aber auch Licht am Horizont. Porsche wie Mercedes stehen vor der größten Erneuerung ihres Produktangebots. Damit können sie auf den anderen großen Märkten Europa und USA punkten, denn hier geht der Abschied vom Verbrenner langsam. Zugleich bringen sie neue E-Autos auf den Markt. Damit müssen sie noch länger zweigleisig beim Antrieben fahren, was für Kostendruck sorgt.

Von der Europäischen Union (EU) wünschen sich die Schwaben wegen der zu geringen Nachfrage nach E-Autos bei den strengeren CO2-Reduktionszielen Milde walten zu lassen. Ab dem kommenden Jahr fallen Bußgelder an, wenn die Flottenziele nicht eingehalten werden. Das sei nicht das richtige Mittel, die Branche zu unterstützen, kritisierte Wilhelm. Und Meschke hielt erneut ein Plädoyer für E-Fuels. Die Bundesregierung müsse sich für eine Abkehr vom Verbrennerverbot in der EU 2035 einsetzen, forderte er. Sonst drohten De-Industrialisierung, ein Armenhaus und gesellschaftlicher Zerfall in Europa. (Von Ilona Wissenbach/Reuters).