Es ist naturgemäß nicht der allerfröhlichste Standort-Befund, der im Erzherzog-Johann-Zimmer der steirischen Wirtschaftskammer an diesem Mittwoch gezeichnet wird. „Multiple Krisen“ sieht etwa Eric Kirschner, Leiter der Forschungsgruppe Regionalpolitik bei Joanneum Research.
Steirisches „Kernproblem“ sei der „demografische Wandel“, also die Überalterung und das damit einhergehende Fehlen von Arbeitskräften. Auch seien etwa die „Standortnachteile im Straßen- und Schienenbereich offenkundig“, ergänzt Ewald Verhounig, Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung. Das würde auch im regionalen Wettbewerbs-Index der EU-Kommission deutlich. Dort liegt die Steiermark bei zahlreichen Bereichen überdurchschnittlich, nur bei „Infrastruktur“ und „Marktgröße“ schneidet die Region deutlich schlechter ab als der Durchschnitt.
Neben den „harten Standortfaktoren“, wie Infrastruktur oder Energiekosten, würden auch die „weichen Standortfaktoren“ zunehmend an Bedeutung gewinnen, erklärt Verhounig. Dazu zählen etwa eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diesbezüglich sei es alarmierend, dass die Steiermark österreichweit Schlusslicht sei, wenn es um die Betreuungsquoten im Elementarbereich gehe.
Drei Krisen, ein Erfolg
Einen betont optimistischen Befund leitet indes der Historiker Thomas Krautzer aus der steirischen Geschichte ab. So hätte erst die Bewältigung existenzieller Krisen für die nunmehrige Stärke des Standorts gesorgt. Was man aus der eigenen Geschichte lernen kann? Krautzer: „Je später man auf Krisen reagiert, desto tiefer wird man hineingezogen“. Und: Gehe man Herausforderungen aktiv an, „kann man sie überwinden“.
In diese Kerbe will auch die Wirtschaftskammer schlagen. Deswegen versucht sich die Interessensvertretung nicht nur in der Vermessung des Status Quo, sondern formuliert in sieben Kategorien „100 Maßnahmen für ein leistungsfreundliches & unternehmerisches Land“. Auch wenn das „Zukunftsprogramm“ nicht explizit an eine neue Landesregierung gerichtet wurde, ist der politische Adressat bei der Präsentation freilich omnipräsent.
„Superregion“ und „Sanierung“
Forcieren müsse man laut Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk beispielsweise das Verschmelzen von Steiermark und Kärnten zu einer neuen „Superregion“. Zugleich sollten laut den Vorstellungen der Kammer „Luftsanierungsgebiete reduziert werden“, um so „Ansiedlungs- und Standorthemmnisse zu beseitigen“.
Weitere Ideen? Kinderbetreuungsinfrastruktur müsse ausgebaut, die Bildungslandschaft grosso modo „internationalisiert“ werden. Für den Arbeitsmarkt hat die Wirtschaftskammer gleich ein komplettes „Reformpaket“ in petto. „Praxisorientierter“ soll die überbetriebliche Lehre künftig ausfallen, mehr Landesmittel in „arbeitsplatznahe Qualifizierung“ fließen.
Zugleich seien auch klassische, politische Hausaufgaben in der Steiermark zu erledigen. „Die Sanierung des Landeshaushalts“, so Herk, müsse „oberste Priorität haben“. Es brauche wieder „Spielraum“, um in die Zukunft investieren zu können. Abermals erneuert wird vonseiten der Wirtschaftskammer die Forderung nach einem „einheitlichen Stromnetztarif für Österreich“. Die diesbezügliche Situation in der Steiermark sei eine „historische Ungerechtigkeit“, befindet der WK-Präsident.