Die Causa Signa ist laut einem Bericht der Zeitung „Die Presse“ um eine Facette reicher: Es geht um jenen Brief, den Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer in seiner damaligen Funktion als Aufsichtsratschef der zwei wichtigsten Signa-Gesellschaften an die Finanzmarktaufsicht (FMA), konkret Vorstand Helmut Ettl, geschrieben hat. Über den Inhalt der Schreiben wurde bereits mehrfach berichtet. Mitte 2023 war bekannt geworden, dass die Europäische Zentralbank (EZB) eine Art Signa Sonderprüfung durchführt und dabei Banken rein auf Signa-Kredite und deren Vergabestandards prüfe. Die EZB-Aufsicht forderte die Kreditinstitute zudem auf, den Wert ihrer Kredite an Signa abzuschreiben oder weitere Rückstellungen für mögliche Verluste zu bilden.

Gusenbauer  hatte sich am 18. September 2023 an Ettl gewandt und diesen um Hilfe gebeten. Soweit so bekannt. Bereits einen Tag danach leitete die FMA den Brief an die EZB weiter.

EZB lässt sich nicht in die Karten blicken

Was geschah danach? Hier, so berichtet es „Die Presse“, gibt sich die EZB bis heute bedeckt und lässt sich nicht in die Karten schauen: Bei den von der Zentralbank herausgegebenen Dokumenten seien – bis auf ein unförmliches Anredegeplänkel – alle Inhalte geschwärzt, so die Zeitung.

Die EZB weigere sich rund um diesen Briefverkehr entsprechende Dokumente vorzulegen. Dabei sei der Inhalt von Gusenbauers Mail schon länger öffentlich bekannt: Er habe auf die Bewertungen dreier deutscher Liegenschaften durch die EZB verwiesen, die deutlich niedriger ausgefallen seien als jene in Bankinstituten. „Uns ist daher das Ziel der Vorgangsweise der EZB nicht erklärlich und wir bitten Dich um Unterstützung bei der Aufklärung der Sachlage und stehen jederzeit für Gespräche – auch mit Vertretern der EZB – zur Verfügung“, merkte der Ex-Kanzler in seinem Schreiben an Ettl an. Ob die FMA noch mehr Informationen hinzugefügt hat, ist unklar. Jedenfalls will die EZB den Kommunikations- und Untersuchungsverlauf zu Signa nicht herausgeben.

„Wir behandeln alle Anfragen gleich“

Ettl sah keine Sonderbehandlung der Signa durch die Aufsichtsbehörde. „Wir behandeln alle Anfragen gleich“, sagte er im Mai am Rande der Pressekonferenz. Bereits nach Bekanntwerden des Briefs bestätigte die FMA dessen Einlangen. Die Anfrage habe man damals an die zuständige Bankenaufsicht der Zentralbank weitergeleitet, hieß es von der österreichischen Aufsicht. Eine derartige Vorgehensweise sei nicht außergewöhnlich, hielt Ettl, darauf angesprochen, fest: Jährlich gingen bei der Behörde etwa 2000 Zuschriften von unterschiedlichsten Personen und Organisationen – „von prominenten und weniger prominenten“ Stellen – ein. Mit den diversen Anliegen und Beschwerden verfahre man immer gleich, versicherte Ettl damals.

Lagarde: „Wirtschaftlich sensible Informationen“

„Die Presse“ zitiert nun EZB-Präsidentin Christine Lagarde, warum die Dokumente unter Verschluss sind bzw. geschwärzt wurden: „Im vorliegenden Fall enthalten die genannten Dokumente wirtschaftlich sensible Informationen über spezifische Feststellungen, die der Öffentlichkeit nicht bekannt sind, sowie Informationen, die der EZB im Rahmen von Prüfungen vor Ort vertraulich mitgeteilt wurden“, rechtfertigt Lagarde diese Maßnahme gegenüber der „Presse“ und der Journalisten-Rechercheplattform „Follow the money“. „Sollten die in diesen Dokumenten enthaltenen Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, würden das Ansehen, die geschäftlichen Interessen und die Position der jeweiligen beaufsichtigten Institute beeinträchtigt und andere Parteien könnten sie zum Nachteil der beaufsichtigten Unternehmen nutzen.“

Die EZB kann den Zugang zu Dokumenten verweigern, wenn sonst die geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person beeinträchtigt werden.