Es war eine Zinssenkung mit Ansage: Noch vor wenigen Wochen galt eine weitere Lockerung der Geldpolitik im Oktober als höchst unwahrscheinlich. Seit Veröffentlichung der ersten Inflationsschätzungen für September hat sich das Blatt gewendet. Der Rat der Europäischen Zentralbank um Präsidentin Christine Lagarde hat bei ihrer auswärtigen Zinssitzung in Laibach die Zinsen abermals um einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Die Teuerung im Euro-Raum ist erstmals seit Frühjahr 2021 unter den Zielwert von zwei Prozent gesunken, sie lag im September bei 1,7 Prozent, in Österreich sorgten insbesondere die im Jahresvergleich günstigeren Treibstoffpreise für eine auf 1,8 Prozent gesunkene Teuerungsrate.

In Kombination mit der zunehmend trüben Konjunktur öffnete dies die Türen für den weiteren Zinsschritt nach unten. Seit der im Juni eingeläuteten Zinswende hat die EZB die Zinsen damit bereits drei Mal gesenkt. Der Beschluss im EZB-Rat sei einstimmig gefallen, betonte Lagarde. Es seien Debatten geführt worden, „aber am Ende des Tages gab es eine einstimmige Entscheidung“. 
Auch bei der nächsten Ratssitzung im Dezember könnte dieser Kurs, so erwarten es zahlreiche Finanzmarktexperten, weiter fortgesetzt werden. Wobei Lagarde einmal mehr betonte, dass die EZB „rein datenabhängig“ entscheide. Die Notenbank werde auch weiterhin nach diesem Prinzip vorgehen.  

Lagarde räumte ein, dass sich die Konjunktur aktuell schwächer entwickle als erwartet. Die Konsumausgaben fallen geringer aus, die Haushalte würden mehr sparen. Sie verwies aber auf Umfragen, die darauf hindeuten würden, dass der Konsum graduell wieder anziehe. Die Konjunktur dürfte sich „nach und nach bessern“, so Lagarde, die Exporte könnten demnach von einer weltweit anziehenden Nachfrage profitieren. Eine Rezession für den gesamten Euro-Raum erwarte man auf Basis vorliegender Daten nicht, so Lagarde, die wörtlich von einem „schleppenden Wachstum“ sprach.

Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz wurde nun um einen Viertelpunkt auf 3,25 Prozent gesenkt. Zu diesem Zins können Finanzinstitute bei der Zentralbank Geld parken. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld leihen können, wurde im selben Umfang gekappt – auf das neue Niveau von 3,4 Prozent.

Verhaltenes Interesse an Immokrediten

Diese geldpolitischen Entscheidungen wirken sich naturgemäß auch auf die Spar- und Kreditzinsen aus. Erfreulich ist die Talfahrt der Zinsen für Kreditnehmer, wie eine aktuelle Analyse des Vergleichsportals Durchblicker zeigt. Im Gegensatz zu den Sparzinsen seien die Zinssenkungen bei Immobilienkrediten teilweise bereits eingepreist, erklärt Andreas Ederer, Experte für Bankprodukte. Fixzins-Angebote seien aber nach wie vor günstiger als variable Kredite. Im Vergleich zum Oktober des Vorjahres sind die Top-Konditionen für fix verzinste Kredite bei einer Laufzeit von 25 Jahren um 0,8 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent gesunken, variable Kredite liegen demnach bei 4,375 Prozent.
Trotz geringerer Zinsen blieb das Interesse an Immokrediten im heurigen Jahr verhalten, im ersten Halbjahr wurden sechs Prozent weniger Kredite vergeben, erklärt die Österreichische Nationalbank. Ederer: „Auch die seit Juli eingeführte Befreiung der Grundbucheintragungsgebühr und der Pfandrechtseintragungsgebühr zeigt in der Praxis kaum Wirkung.“

Vor dem Hintergrund sinkender Zinsen nehme auch das Interesse an Sparzinsvergleichen ab, registriert die Plattform Durchblicker. Aber, so Ederer: „Einige Banken haben die Zinssenkung der EZB noch nicht voll eingepreist. Das bedeutet, es sind jetzt noch gute Konditionen erhältlich, die deutlich über der September-Inflation von 1,8 Prozent liegen und zumindest annähernd die vom WIFO geschätzte Jahresinflation von 3,4 Prozent abfedern.“

Bandbreite der besten Konditionen

Laut der aktuellen Analyse betragen die besten Konditionen für Tagesgeld mit Neukundenbonus für vier Monate fix 3,6 Prozent mit einer anschließenden variablen Verzinsung. Ohne Neukundenbonus liegen die Bestangebote im Oktober bei 2,8 Prozent, was einer Reduktion von 0,2 Prozentpunkten seit Jahresbeginn entspricht. Bei einjährigem Festgeld seien noch Zinsen von bis zu 3,2 Prozent möglich, bei dreijähriger Bindung bis zu 3,0 Prozent (hier lagen die Top-Konditionen zu Jahresbeginn noch bei 4,0 Prozent) – Tendenz sinkend.

Bei einem Blick über die Grenzen zeigt sich laut Durchblicker-Übersicht, dass Zinsen für Tagesgeld mit teils bis zu 3,2 Prozent noch 0,4 Prozentpunkte über österreichischen Top-Konditionen liegt.