Die EZB reagiert auf die nachlassende Inflation mit der bereits dritten Zinssenkung seit dem Sommer. Sie beschloss am Donnerstag auf einer auswärtigen Sitzung in Slowenien, den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz um einen Viertelpunkt auf 3,25 Prozent zu senken. Zu diesem Zins können Finanzinstitute bei der Zentralbank Geld parken. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld leihen können, wurde im selben Umfang gekappt - auf das neue Niveau von 3,40 Prozent.
Die Beschlüsse auf der Zinssitzung seien einstimmig gefallen, man habe Diskussionen und Debatten geführt, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach der Ratssitzung. „Aber am Ende des Tages gab es eine einstimmige Entscheidung.“
Die Währungshüter hatten im Juni die Zinswende eingeleitet und im September nachgelegt. Nur fünf Wochen danach senkten sie nun den Preis des Geldes erneut: Ob das Zinsstakkato im Dezember weiter geht, wovon viele Experten ausgehen, ließ die Europäische Zentralbank (EZB) offen. Sie lege sich nicht vorab auf einen Zinspfad fest, heißt es dazu im Begleittext zur geldpolitischen Entscheidung des EZB-Rats.
Auf die künftige Zinsentwicklung wollte sich Lagarde nicht konkret festlegen. „Wir werden weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen“, sagte die EZB-Chefin. Man werde „von Sitzung zu Sitzung“ entscheiden. „Wir legen uns nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest“, fügte Lagarde hinzu. „Wir sind in jedem Fall bereit, alle unsere Instrumente im Rahmen unseres Mandats anzupassen.“ Es müsse sichergestellt werden, dass die Inflation wieder den mittelfristigen Zielwert von zwei Prozent erreiche.
Konjunktur trübt sich weiter in
Zugleich gibt es Anzeichen für eine Eintrübung der Konjunktur: „Die neuesten Daten deuten auf ein schleppendes Wachstum hin“, sagte Lagarde am Donnerstag nach dem Zinsbeschluss des EZB-Rats in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. So hätten die Haushalte weniger konsumiert als angenommen. „Die Unternehmen weiten ihre Investitionen nur langsam aus, während die Investitionen in Wohnimmobilien weiter sinken.“
Mit dem Einkaufsmanagerindex von S & P Global deutete zuletzt auch ein wichtiger Frühindikator auf eine einsetzende Talfahrt hin. Als Alarmzeichen gilt dabei, dass es mit der Wirtschaftskraft in allen drei großen Euro-Ländern – Deutschland, Frankreich und Italien –- gleichzeitig bergab ging. Deutschland steckt bereits in einer Wirtschaftskrise und macht 2024 wohl das zweite Rezessionsjahr in Folge durch, wenn die deutsche Bundesregierung mit ihrer Projektion richtig liegt.
Die Teuerung im Euroraum ist im September auf 1,7 Prozent gesunken und damit erstmals seit Mitte 2021 unter die Zielmarke der EZB von zwei Prozent gefallen. Inflationsraten von mehr als zehn Prozent wie im Herbst 2022 sind damit Geschichte. Die Währungshüter um Zentralbankchefin Christine Lagarde gehen zwar davon aus, dass es gegen Jahresende zu einem vorübergehenden Aufflackern kommt. Die jüngsten Entwicklungen stärkten allerdings die Zuversicht, dass die Inflation zeitnah wieder auf das Zielniveau zurückkehren werde, sagte Lagarde bereits Ende September im Europa-Parlament. Danach sendete sie noch ein Signal für eine Zinssenkung: „Wir werden das bei unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Oktober berücksichtigen.“ Das wurde nun auch umgesetzt.