Für Magna Steyr geht es um alles: Mit den Strafzöllen, die die EU auf chinesische E-Autos einheben wird, sind die asiatischen Hersteller gezwungen, in Europa zu produzieren – oder hier produzieren zu lassen. Für Magna geht so in einer prekären Situation eine Tür auf: Magna braucht dringend neue Auftraggeber, weil die Europäer aktuell Aufträge auslaufen lassen und kaum neue vergeben. Das Magna-Management tourt aktuell laufend durch China, und chinesische Delegationen geben sich bei Magna in Graz die Türklinke in die Hand. In dieser Woche sind GAC-Top-Manager vor Ort, um die Optionen in Graz auszuloten und sich anzuschauen, ob eine Produktion hier in Graz möglich wäre.

GAC ist Partner von Toyota und Honda

Aber wer ist GAC? Die Guangzhou Automobile Group gehört zur Guangzhou Automobile Industry Group aus Guangzhou. Man ist einer der großen Produzenten in China, mit einem Mehrmarkenreich. Und mag GAC auch nur wenigen in Österreich geläufig sein, in China ist man eine große Nummer und längst Partner von globalen Automobilmarken wie Honda oder Toyota. Dass es GAC ernst nimmt mit den Europaplänen hat man an der Präsenz bei der Paris-Motorshow in dieser Woche live gesehen: Fu Bingfeng, Generalsekretär des chinesischen Hersteller-Verbandes war bei der GAC-Präsentation genauso vor Ort wie Feng Xingya, Präsident der GAC-Gruppe und Wei Haigang, Präsident von GAC International. Wei Haigang sprach auch offen davon, dass man überlege ein neues Werk zu bauen, eines mitzubenutzen, oder ein Werk überhaupt zu übernehmen.

Hochkarätige Delegation bei Magna

Deshalb ist eine hochkarätige-Delegation von GAC in dieser Woche auch auf Österreichtour bei Magna. Die Grazer Fertigung ist eine der Optionen und wäre für Magna ein Riesen-Coup.

Das Werk von Magna Steyr in Graz
Das Werk von Magna Steyr in Graz © Stefan Pajman

In Paris bemühte man sich zu betonen wie sehr man in den letzten Jahren von den europäischen Verhältnissen gelernt habe und stellte bereits einen Europa-Plan inklusive Service-Netzwerk und Vertriebsideen vor. Man wolle ein verlässlicher Partner und eine Marke werden, auf die man vertrauen und die man lieben kann. So gingen die Chinesen auf Kuschelkurs, um Zweifel zu zerstreuen. Insider sagen, GAC stelle eine langfristige Strategie auf. Bis 2028 wolle man eine vollständige Modellpalette anbieten und ab 2030 rund 500.000 Autos in Europa verkaufen. Die Zölle versuche man mit einer eigenen Produktion umgehen, eine aktuelle Einstufung liegt noch nicht vor.

Langzeit-Vision für Europa

GAC ist die Nummer drei der chinesischen Hersteller, seit 2022 baut man Stützpunkte in Europa aus, wie ein Designcenter in Mailand. Das Auto, das bei Magna in Graz gebaut werden könnte – auch darum geht es bei den Verhandlungen – wurde diese Woche auch in Paris vorgestellt. Ein für Europa entwickeltes SUV namens Aion V, durchaus ansehnlich, 520 km Reichweite, samt Spielereien wie einem eigenen Kühlschrank. Ab 2025 solle das Auto in Europa vorfahren. Man brauche schnell die Produktionskapazitäten. „Stück für Stück baut der Vogel sein Nest, wir haben eine Langzeitvision vom Europa-Projekt. Wir freuen uns sehr mit unseren europäischen Partnern ein Ecosystem für GAC aufzubauen“, betonte Haigang bei der Präsentation. Einziges Fragezeichen bei Magna: Die hohen Produktionskosten.

Zusammenarbeit Magna, China, Österreich

Während sich also in Graz zuletzt einige Delegationen aus China bei Magna eingefunden haben, ist Wirtschaftsminister Martin Kocher auf einer Wirtschaftsmission in China unterwegs. Dabei habe er „unterschiedliche Betriebe unter anderem auch im Automotive-Bereich besucht“, heißt es zur Kleinen Zeitung. Worum ging es? „Einerseits wurden chinesische Hersteller wie Nio oder Saic besucht, bei denen es darum geht, Wertschöpfungskomponenten nach Österreich zu bringen. Andererseits auch österreichische Betriebe wie Magna, die in China produzieren.“

Wirtschaftsminister Martin Kocher auf Delegationsreise in China
Wirtschaftsminister Martin Kocher auf Delegationsreise in China © BMAW/Holey

Ziel dieser Termine sei es gewesen, „die wirtschaftliche Zusammenarbeit zum Vorteil beider Länder zu stärken“. Es seien auch zahlreiche Gespräche mit hochrangigen chinesischen Vertreterinnen und Vertretern geführt worden, „um die österreichische Position, insbesondere hinsichtlich der EU-Ausgleichszölle, klar und deutlich darzulegen, aber gleichzeitig Brücken zu bauen und sich für konstruktive Verhandlungen einzusetzen“, wie betont wird.