Es war eine Woche, die Elon Musk und Tesla den alten Glanz hätte zurückbringen sollen. Ganz im Zeitgeist. Robotaxis, die die Welt erobern, Musk der große Mastermind im Hintergrund. Bei der Präsentation in den Hollywood-Studios von Warner Bros. fuhr ein zweitüriges Coupé mit Flügeltüren vor und ein futuristisch anmutender Minibus. „Cybercab“, der Zweitürer, mit nach oben öffnenden Flügeltüren, ein Lookalike des Model 3, soll nicht teurer als 30.000 Dollar sein und autonom fahren können – Musk kam im Schritttempo mit dem Auto ins Studio, sogar ohne Lenkrad. Produktionsstart? 2026. Ein Jahr zuvor, 2025, sollen Model 3 und Model Y eine Software erhalten, die ein komplett autonomes Fahren ermöglicht.
Der autonome Minibus „Robovan“ soll bis zu 20 Personen transportieren können. Realisierungstermin? Ungewiss. Garniert wurde die Veranstaltung von humanoiden Robotern, die Drinks mixten und die Musk als „das größte Produkt jeder Art überhaupt“ bezeichnete. Und: „Jeder Mensch wird mindestens einen als mechanischen Helfer haben.“ Musk, der den Verbrenner-Enthusiasten Donald Trump als erster Wahlhelfer unterstützt, bedient sich inzwischen auch dessen Sprachmodells.
Der Begeisterung tat das keinen Abbruch. Die Muskies (Pendant zu den Swifties) feierten ihren Helden. Netz und X wurden geflutet.
Tesla und Musk: Erste Bruchstellen
Doch dann bekam das perfekte Bild erste Bruchstellen. Die Roboter? Zumindest zum Teil von Menschen ferngesteuert, wie Experten sogar in Videos feststellten. Das Versprechen auf eine komplett autonom fahrende Software? Kam immer wieder von Tesla, aber nie der Durchbruch. Ganz im Gegenteil. Immer wieder machten Unfälle und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der teilautonomen Tesla-Software Schlagzeilen.
Auch hier hieß es: Alles werde besser. Das Automobilforschungsunternehmen AMCI Testing prüfte dann am 10. Oktober 2024 Teslas Full-Self-Driving-Software.
Ernüchternde Prüfergebnisse für Tesla und den Autopiloten
Die Prüfungsergebnisse fielen ernüchternd aus. Tesla sei „noch weit“ von einem vollständig autonomen Robotaxi-Betrieb entfernt, die Software sei „verdächtig“ und müsste noch „erheblich verbessert“ werden. Die Resultate des Tests wurden international veröffentlicht, wie etwa auch im „Manager Magazin“: „Im Test mussten die Fahrer bei einer Fahrt über 1000 Meilen mehr als 75 Mal eingreifen – im Schnitt etwa alle 21 Kilometer.“ David Stokols, CEO der AMCI-Testing-Muttergesellschaft AMCI Global, wird so zitiert: „Obwohl sie in einigen Fällen positiv beeindruckt, kann man sich einfach nicht zuverlässig auf die Genauigkeit oder die Argumentation hinter den Reaktionen der Software verlassen.“
Musk und seine Sturheit
Für Techniker liegt das Problem in Musks Sturheit, die auch viel Gutes gebracht hat. Musk war der Booster der E-Mobilität, er baute aus dem Nichts ein weltweit agierendes E-Auto-Unternehmen auf. Er erkannte als Erster, dass Länder und Kommunen zwar gerne von der E-Mobilität reden, aber viel zu wenig dafür tun. Deshalb baute er sein eigenes Ladenetzwerk auf. Und beim Thema Software überholte er die klassische Autoindustrie, ganz a la den US-Straßen, links und rechts.
Aber jetzt entzaubert er sich und Tesla immer mehr selbst. Selbst seine Raketen und Satelliten sind technisch erfolgreicher als seine E-Autos unterwegs. Die Landung der Startstufe der Rakete seines Space-X-Projekts gilt als Meilenstein für die Zukunft der modernen Raumfahrt. Die Führungscrew des Weltraumprojekts kann einen linearen Weg verfolgen, bei Tesla scheint das nicht mehr der Fall zu sein.
Erratischer Musk
Musks Maßnahmen im Zusammenhang mit dem hauseigenen Tesla-Ladenetz werden als „erratisch“ bezeichnet, wenn er seine Ladenetz-Mannschaft so arg dezimiert, dass sie nicht mehr handlungsfähig ist. Das Model Tesla 2 ist überfällig, Musk hat es mehrfach angekündigt und sein Versprechen nie eingehalten. Das autonome Fahren hat er seit 2016 prophezeit – Google ist mit seiner Tochterfirma Waymo viel weiter und bereits im offiziellen Betrieb in den großen Städten Amerikas wie San Francisco mit eigenen Robotaxis unterwegs. Sie erfüllen das, was Musk seit Jahren verspricht, aber nicht auf die Straße bringt. Über 100.000 Fahrten vermeldet Waymo pro Woche.
Das vollautonome Fahren könnte Musks Lebenswerk Tesla endgültig ins Wanken bringen. Er will nach wie vor nur mit Kameras und Software ohne teure Technik wie die Laser-Radare und Lidar-Sensoren anderer selbstfahrender Autos auskommen.
Tesla braucht ein anderes Geschäftsmodell
Es geht um das liebe Geld und das Geschäftsmodell. Bei Waymo stecken Technikkosten von rund 100.000 Dollar in jedem Fahrzeug wie Waymo Co-Chef Dmitri Dolgov zuletzt erklärte.
Für Tesla ist es eine Frage des Überlebens das autonome Fahren nach den eigenen Regeln und ohne die aufwändige Technik der Konkurrenz zu realisieren. Schaut man sich aber inzwischen die technischen Fortschritte der klassischen Autoindustrie an, ist klar zu erkennen, dass etwa Mercedes oder BMW den Newcomer Tesla schon überholt haben. Ihre Autos bieten echte teilautonome Funktionen, aber ohne Schlagzeilen mit Unfällen bisher.
Musk sagte 2017, dass Menschen am Steuer eines Tesla während der Fahrt „in wenigen Monaten schlafen können“. Er wird gerne damit zitiert, dass er versprach, dass alle Tesla-Besitzer ihre Autos alleine zum Geldverdienen auf eine Robotaxi-Plattform losschicken können.
Waymo hat Tesla überholt
Super hören sich diese Musk-Ideen an. Diese Versprechen stehen jedoch im krassen Widerspruch mit Teslas Software für teilautonomes Fahren, die immer wieder Schwachpunkte gezeigt hat. Während Waymos Robotaxis den Beweis im Alltag erbringen, dass voll autonomes Fahren auch im Stadtdschungel funktionieren kann. Natürlich auch mit Schwachstellen, und begleitet mit kritischen Stimmen aus der Bevölkerung. Aber es kam trotz der 100.000enden Fahrten zu keinen Schlagzeilen wie bei Tesla.
Warum Elon Musk auf das Robotaxi setzt, ist klar: Teslas Wachstum hat sich massiv eingebremst, die chinesische Konkurrenz setzt dem Unternehmen hart zu, der einstige Tesla-Börsenwert von mehr als einer Billion Dollar ist Vergangenheit.
Musk braucht aber immer wieder frisches Geld, und ein großer Teil seines Vermögens ist an Tesla-Beteiligungen gebunden. Je höher die Aktie fliegt, desto besser kann Musk schlafen. Ein riskanter Plan, weil jetzt muss Musk seine Versprechen endlich einmal einlösen. Geht sein Plan mit dem autonomen Fahren nicht auf, steht Tesla vor einem ernsthaften Problem, weil das Geschäftsmodell mit dem Autoverkauf nicht wie gewünscht aufgeht. Über Jahre hatte man zum Beispiel Gewinne über den Handel mit CO2-Zertifikaten lukriert – aber nicht mit den Autos.