Österreichs Wirtschaft befindet sich das zweite Jahr in Folge in einer Rezession. Die rückläufige Wirtschaftsleistung schlage sich zunehmend „in einer dramatischen Fieberkurve“ nieder, alarmiert Gunter Deuber, Chefanalyst von Raiffeisen International, vor Unternehmern beim „Business-Frühstück“ der RLB Kärnten in Klagenfurt: „Noch nie hat die österreichische Industrie ihre eigene Wettbewerbsposition als so schlecht wahrgenommen wie jetzt.“

Vier verlorene Jahre

Österreich sei heute der Nachzügler im Euroraum. Erst 2026 werde Österreich wieder die Wirtschaftsleistung von 2022 erreichen. Österreich entwickle sich noch schlechter als der vermeintlich kranke Mann Europas: „Österreichs Wirtschaft ist noch etwas kränker als die deutsche“, sagt Deuber. In Europa werde weiterhin investiert, „in Österreich nicht“.

Einbrechende Investitionen begrenzten das Wachstum der Zukunft. Sowohl die Investitionen in den Wohnbau als auch in Ausrüstungen sind massiv eingebrochen. Dazu komme, dass der Faktor Arbeit zu teuer wurde. Aber auch der private Konsum springe nicht an, die Sparquote schnellte auf das höchste Niveau seit Langem (Corona ausgenommen), Reallohnzuwächse flößen ins Angst- und Vorsichtssparen. Der erhoffte Konjunkturmotor durch Lohnsteigerungen sei nicht angesprungen.

Teuer erkaufte Exporte

Selbst Erfolge im Export würden teuer erkauft – mit einer deutlich sinkenden Profitabilität der Unternehmen, die erstmals unter dem Schnitt der Euro-Länder gesunken ist. Deuber: „Das schränkt den Investitionsspielraum noch weiter massiv ein.“ Im ersten Halbjahr 2024 waren die Exporte dennoch rückläufig.

Besonders belastend seien für die Unternehmen aber die „massiv davongaloppierenden Stundenlöhne“, die Lohnstückkosten hätten sich dramatisch nach oben entwickelt, die Produktivität sinke in Österreich erstmals deutlich. Deuber warnt vor weiteren realen Lohnerhöhungen im Herbst: „Dann wird der Rucksack noch schwerer.“ Er rechnet mit einer weiteren Kündigungswelle in Unternehmen, um die Produktivität wieder zu steigern.

„Abschluss unter Inflationsrate“

Die Arbeitnehmer hätten von den deutlichen Lohnerhöhungen nur kurzfristig profitiert, so Deuber: „Wenn wir diesen Kurs weiter beschreiten, geht die Lohnquote bald über 70 Prozent. Ein Wert, den man in keinem vergleichbaren Land findet.“ Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung meint er, ein Abschluss der Lohnverhandlungen unter der maßgeblichen Inflation sei wünschenswert. „Jetzt muss man die Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund rücken.“ Die Metaller haben sich bereits im Vorjahr auf eine weitere Reallohn-Steigerung von einem Prozent geeinigt. Deuber glaubt zwar, das Paket werde nicht mehr aufgeschnürt. „Außer es kommt zu einem Schulterschluss und man setzt ein Zeichen.“

„Brauchen ein mächtiges Ministerium“

Im Fokus der künftigen Bundesregierung müsse das Ankurbeln der Investitionen stehen. Deuber rät zu einer zeitlich begrenzten Investitionsprämie. Wirtschaft und Standort müssten zentral werden. „Es braucht ein sehr mächtiges Wirtschafts- und Sozialministerium“, so Deuber. Ein Regulierungsbeauftragter soll (Über-)Regulierungen hinterfragen und abschaffen.

„Dank“ der schwachen Nachfrage von Haushalten sei die Inflation schneller zurückgegangen, als erwartet, wenngleich die Kerninflation weiter zu hoch sei. Am Finanzmarkt habe man den Inflationsschock bereits abgehakt. „Das gibt der EZB die Möglichkeit, die Zinsen weiter zu senken.“ Deuber erwartet in diesem Jahr zwei weitere Zinssenkungen des Einlagenzinssatzes von derzeit 3,5 auf 3 Prozent.